Albergo Moderna in Robbio, 100.- Ü
DZ mit VP
19.30 Uhr gibt es Abendeseen im Albergo. Das Zimmer ist
recht klein und eng. Dafür ist die Wirtin Lidia ein Schatz. Sie bestätigt
nochmals telefonisch unser Kommen in Mortara und will auch zwei Betten in der
Casa della Carita in Pavia reservieren, die sind aber am Montag schon alle
belegt, weil eine Gruppe übernachten will.
Das zum Albergo gehörende Restaurant ist sehr schön und
ziemlich groß. Wir beide und ein junger Mann sind die einzigen Gäste, er scheint
auch hier im Hotel zu wohnen und tut mir etwas leid, so allein an seinem Tisch.
Eine Speisekarte gibt es nicht, Lidia serviert uns Dreien das
Gleiche, Spaghetti und Risotto als Vorspeise, mehrere Fleischsorten gegrillt
und Gemüse. Wir sind schon nach dem ersten Gang satt.
Die Reiskörner sind hier viel größer als die, welche ich von
zu Hause kenne.
Als ich bemerke, dass die Wirtin mit dem jungen Mann
englisch spricht, schaue ich etwas genauer hin und wir sehen, dass er den
gleichen Wanderführer wie wir liegen hat. Vielleicht doch ein Gleichgesinnter ?
Kurzentschlossen stehe ich auf, gehe zu seinem Tisch und frage ihn, er kommt
mit und er nimmt an unserem Tisch Platz.
Es ist Markus,
Justizvollzugsbeamter aus der Nähe von Passau. Er hat sieben Wochen Urlaub
genehmigt bekommen und ist vor einigen Tagen in Aosta losgegangen, er möchte
bis Rom laufen. Markus geht mindestens 40 km am Tag, heute ist er aber auch nur
die etwa 20 km von Vercelli nach Robbio gelaufen, das nennt er Ruhetag. Morgen
geht er bis Tromello.
Zum Nachtisch gibt es gehobelte Ananasscheiben mit Mintsoße
und Erdbeeren.
Es ist schon spät und
wir hätten uns eigentlich noch viel zu erzählen, deshalb muss die Zeit genutzt
werden, um die wichtigsten
Pilgerinformationen auszutauschen, Streckenführung, Kartenmaterial, Unterkunfstipps, Rucksackgewicht, und die Marke der Socken.
Markus ist während seiner ersten vier Pilgertage nur im
Regen gelaufen und hat daher vom Aostatal leider nicht viel gesehen, er hat
sich auch an der gleichen Stelle verlaufen wie wir letztes Jahr.
Um halb 11 liegen wir dann in den Federn.
Das sind die Momente einer Pilgerfahrt, die so wertvoll und
intensiv sind, weil man auf Gleichgesinnte trifft und in kurzer Zeit
soviel Austausch erfolgt.
Morgens klopft er um acht bei uns, er hat schon gefrühstückt
und ist auf dem Sprung, gibt und seine Adresse und wir verabschieden uns mit
einer Einladung seinerseits, doch mal in der JVA auf einen Cappuccino vorbeizuschauen.
Der junge Mann war übrigens auch schon in Santiago und hat
jetzt den Vergleich zur Via Francigena, das hier ist ein wirkliches Abenteuer.
Lidia bereitet uns ein üppiges Frühstück und kocht sogar
Eier, für die Übernachtung gibt es 10% Pilgerrabatt.
Wir starten bei Sonnenschein und laufen heute streng nach Karte
und verlaufen uns. Weil ein Wegweiser im Straßengraben liegt und wir ihn nicht sehen, geht es nochmal 1 km zurück. Dann
wieder nur Reisfelder. Es gibt hunderte Sorten von Reis, die auch zu
unterschiedlichen Zeitpunkten ausgebracht werden, so sind einige Felder gerade
bestellt, auf einigen sprießen schon kleine Pflanzen und wieder andere sind geflutet.
Wir erreichen das Dörfchen Nivorco, in dessen Kirche extra
eine Stempelstelle für Santiago- und Rompilger eingerichtet wurde, denn es gibt
einen Stempel mit Muschel und gekreuzten Schlüsseln. Man kann sich wieder ins
Gästebuch eintragen und sehen, dass Markus auch hier war.
Gegen zwei betreten wir dann Mortara. Das ist schon eine
etwas größere Stadt mit einem schönen gepflegten Zentrum. Und hurra, es gibt
eine Gelateria, 26 Sorten Eis zähle ich.
Nach 20 Minuten ist die Abbazia di Sant Albino erreicht,
nicht ohne vorher noch mal Zweifel an unserer heutigen Unterkunft aufkommen zu
lassen und einen leicht Wunsch zu hegen, vielleicht doch lieber weiterzugehen.
Ich lass mich gar nicht erst drauf ein.
Im Reiseführer steht nämlich, dass man sich mindesten 24
Stunden vorher anmelden soll, ansonsten gäbs eine wortgewaltige Strafpredigt
vom Custode. Daran habe ich mich gehalten und jetzt wird hier übernachtet.
Der Custode empfängt uns am Eingang ohne Strafpredigt, sein
Name ist Gigi. Er zeigt uns den Schlafsaal, in dem er zwei Feldbetten aufgestellt
hat, bringt Wasser und zeigt Dusche und Toilette. Wir müssen uns noch ins
Gästebuch eintrage, Personalausweis oder Pilgerpass will er nicht sehen,
abstempeln darf den nämlich nur der Herr Pfarre, und der kommt um fünf.
Franka, die gute Seele des Hauses kommt hinzu und erklärt
uns, dass wir auch unsere Wäsche machen können, im Garten gibt es einen
Trockenplatz. Sie ist sehr hilfsbereit und
will wissen, wohin es morgen geht, wir sollen doch in Gropello Cairoli in der
Bar am Ortseingang uns den Schlüssel für die Parrocchia geben lassen, die
Zimmer seien über der Bar, beim Pfarrer müssen wir nicht anrufen, der sei in
Rom. Okay, machen wir.
Die Wäsche trocknet im Garten und ein großer freundlicher
weißhaariger Mann kommt mit großen Schritten zu uns. Es ist der hiesige Pfarrer,
wir folgen ihm in den Saal, in dem die Liegen stehe, und er stempelt unsere Pilgerpässe ab, nicht
ohne die nochmals durchzublättern. Er habe es eilig, denn um fünf sei eine Taufe
in der Abbazia, wir können gern mit dazu kommen. Wir zeigen ihm auf dem Handy
ein Foto unserer Enkelin und er ist begeistert und berichtet von seinem Enkel.
Danach setze ich mich brav in die letzte Bank und harre dem
was da komme.
Ein kleiner Junge soll getauft werden. Die Eltern kommen,
offensichtlich in ihren Hochzeitsoutfits mit dem Kind herein, dass ungefähr 8
Monate alt ist. Danach läuft hier eine Modenschau ab, aufgestylte Schönheiten betreten
die Kirche, mit bunten kurzen Kleidern
und Higheels wie sie höher nicht sein könnten.
Die Zeremonie geht ungefähr 20 Minuten. Der Kleine schläft. Nachdem das Kind auf den Namen Lorenzo getauft ist, hält der Herr Pfarrer den Kleinen
hoch, um ihn der Gemeinde zu zeigen, die Zuschauer applaudieren laut und rufen „ah“. Zwischendurch gehen auch mal ein paar Leute
raus und einige kommen rein. So eine
Taufe habe ich noch nicht erlebt. Mein Mann, der mit dem elektronischen
Equipment im Garten sitzt, beobachtet die Schönheiten wie sie mit ihren Schuhen
über die Wiese stolzieren. Die ganze Zeremonie wird per Lautsprecher in den
Garten übertragen.
Es ist wunderschön hier, und leider gibt es nur selten
solche Unterkünfte, alles ist sauber und recht locker, man ist auf Pilger
eingestellt. Seit dem 6 Jahrhundert
besteht die Abbazia und war seither eine wichtige Zwischenstation für Pilger, schön
dass man sich nach wie vor darauf besinnt.
Franka hat unser Abendessen zubereitet, es gibt Nudeln, Hühnchen, Salat, Äpfel und eine Flasche
Rotwein. Wir sitzen in dem großen Schlafsaal, der eine Tür direkt zur Kirche
hat und lassen es uns schmecken. Morgen ist gibt es dann 6.30 Frühstück. Sogar Wifi gibt es und wir können heute Abend
von unseren Feldbetten aus auf dem Netbook DSDS verfolgen. Was will man mehr.
Erkenntnis des Tage: Die einfachen Dinge machen das Leben schön.
Markus aus der Nähe von Passau
Wege zwischen den Reisfeldern (Kerstin ganz weit vorn)
Hallo Ihr zwei,
AntwortenLöschenda ist sie ja, die Sonne. Ich gönne sie Euch von Herzen. Alles was Ihr schreibt, hört sich gut an. Nette Menschen, lecker Essen und Trinken, ein sauberes Bett. Was will man mehr. Jetzt bin ich ohne Sorge und wünsche Euch gutes Vorankommen.... natürlich mit guter Laune.
Eure Alke-Brigitte
Gruß an die Pilger !
AntwortenLöschenFast eine Woche vorbei, meist nur Reisfelder und die Freude über die einfachen, schönen Dinge. Sieht so aus als ob Ihr noch ne Weile durchhaltet. Wetter scheint sich ja nun endlich zu bessern - habt Ihr euch verdient. Wünsche noch viele schöne Erlebnisse und Eindrücke sowie einen guten Start in die 2. Woche.
Volker