Du findest
den Weg nur, wenn du dich auf den Weg machst.
(Maria Ward)
Warum
ausgerechnet nach Rom ?
Nun, wir hatten kein Gelübde abgelegt, keine Ehekrise zu bewältigen, niemand zwang uns, 2000 km durch Europa zu laufen, suchten nicht nach Spiritualität oder gar dem rechten Glauben.
Nach Hapes Buch und Hörbuch verfielen auch wir ganz einfach dem Trend - alle Welt läuft nach Santiago de Compostela.
Bei
Recherchen hierzu stießen wir schließlich auf Berichte über die VF, die von der
englischen Bischofsstadt Canterbury über Calais nach Frankreich verläuft.
Durch Arras
und Laon nach Reims und südlich von Besancon über den Jura zum Genfer See geht.
Dann über
den Großen Sankt Bernhard Pass ins Aostatal und die Poebene, den Apennin überquert
und schließlich durch die Toskana und das Latium zur Ewigen Stadt Rom führt.
Bedingt
durch die vielen Schilderungen über den Massenandrang, der mittlerweile auf dem
spanischen Jakobsweg herrscht, lockte uns jetzt immer mehr die VF.
Und - wenn
schon, denn schon- , dachten wir uns , wird auch die gesamte Strecke gelaufen.
Dass dieses
Vorhaben nicht an einem Stück bewältigt werden konnte, war uns schon klar.
Neugier
und Abenteuerlust jedoch waren geweckt, also machten wir uns auf den weiten und
spannenden Weg.
1. Abschnitt Canterbury - Reims Mai 2009
Der 1. Abschnitt führt über Dover und dem Ärmelkanal nach Calais - Wissant - Saint-Omer - Arras - Saint-Quentin und Laon nach Reims.
Wir starten
also unser Abenteuer VF am 01. Mai 2009, fliegen nach London und nehmen den Zug
nach Canterbury.
Hier besuchen wir die Pilgermesse in der
Kathedrale, in der Hoffnung auf Gleichgesinnte zu treffen und eventuell ein
Stück gemeinsam laufen zu können.
Werden
allerdings enttäuscht. Bis auf uns ist da niemand in der Messe, der nach
Fußpilger aussieht.
Wir ziehen
also zu zweit los. Und so wird es auch die nächsten 650 km bis Langres bleiben.
Es
geht in einer Tagesetappe nach Dover und mit der Fähre über den Ärmelkanal nach
Calais.
Anschließend
eine weitere Tagesetappe an der französischen Atlantikküste entlang bis
Wissant, um ab hier ins Landesinnere zu gehen.
Das ist im
Rückblick einer der schönsten Tage auf der langen Wanderung. Nur der Weg
entlang des Genfer Sees und einige Abschnitte in der Toskana können diese
Eindrücke noch toppen.
Wir sind im Pas de Calais und gehen in 14 Tagesetappen nach Reims.
Wie an der
mit alten Bunkeranlagen gespickten Steilküste wird man auch im Landesinneren
immer wieder durch die endlosen
Soldatenfriedhöfe
an beide Weltkriege erinnert und kann nur erahnen, was sich hier vor 70 Jahren
abgespielt haben muss.Heute wirkt die Landschaft unheimlich friedlich, ist geprägt von Landwirtschaft und wenig besiedelt, so dass man oft von morgens bis abends läuft und kaum einem Menschen begegnet.
Wie fühlen wir uns ?
Der Rucksack ist viel zu schwer,
viel zu viel Dinge, die man nie benötigen wird.
Zudem haben wir den Fehler gemacht
und sind, warum auch immer, mit Bergschuhen gestartet. Für Landstraße und
Feldwege völlig ungeeignet.
Die Füße schmerzen, die Träger
drücken. Manchmal weiß ich gar nicht, was zuerst weh tut, die Füße oder die
Schultern.
Und er kann gar nicht verstehen,
weshalb ich so klage,
zumal weder Blasen noch Druckstellen
auftreten.
Dass wir keinem anderen Pilger
begegnen, damit haben wir uns abgefunden.
Und obwohl wir uns, zugegeben, etwas
blauäugig in die ganze Sache stürzten, bis auf das Hotel in Canterbury keine
Unterkunft vorbuchten und mit sehr einfachem Kartenmaterial wandern, kein
französisch sprechen (ich habe mir vorher schnell noch von einer Kollegin
beibringen lassen, was es heißt -haben Sie ein Doppelzimmer für eine Nacht ?-),
gelingt es uns, bis auf zweimal auf den ersten beiden Abschnitten, immer, ein
Hotel, ein BnB oder einen Campingplatz und später auch einmal ein Kloster zu
finden.
Da die VF ja erst wieder entdeckt
wurde, fehlt noch jegliche Pilger-Infrastruktur, es gibt keine
Pilgerherbergen wie man sie vom Jakobsweg kennt, die Menschen am Weg kennen die
VF gar nicht, auch den meisten Angestellten der Tourismusbüros ist sie noch
unbekannt.
Der Weg ist nicht
ausgeschildert, man muss ihn sich oft suchen und zusammen basteln.Aber - Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut - und so steht für uns fest, was man anfängt, bringt man auch zu Ende und als wir nach zwei Wochen in Reims ankommen ist klar, im nächsten Jahr geht es weiter.
2. Abschnitt Reims - Besancon Juni 2010
Wir starten
also zum 2. Abschnitt, der uns von Reims durch die Champagne in den
französischen Jura bis nach Besancon führt.
Chalons-en-Champagne,
Brienne-le-Chateau, Bar-sur-Aube, Clairvaux und Langres sind bedeutende Etappenziele.
Zunächst geht es immer am Marnekanal entlang.
Mit Pilgerbekanntschaften rechnen wir eigentlich nicht mehr.
Interessant
wird es dann aber in Brienne-le-Chateau für uns, bekannt durch Napoleon, der
hier die Militärakademie besuchte und dessen Spuren uns bis weit hinter den
Apennin begleiten werden.
Ab
hier ist die VF nicht mehr ganz unbekannt und ab und zu kommen Pilger im
Tourismusbüro vorbei, um sich ihren Stempel im Pilgerpass abzuholen. Das sind aber vorwiegend Jakobspilger, die aus
dem Norden, den Benluxländern, aus Köln oder über das Elsass nach Santiago
laufen.
Die
Jakobswege kreuzen sich genau im Abschnitt Reims-Besancon mit der VF.
So begegnen
wir in Brienne-le-Chateau unserem ersten Pilger, einen jungen Belgier auf
seinem Rückweg von Santiago nach Hause.
Stolz
präsentiert er uns seine Pilgerpässe und zeigt uns seinen 40 kg Rucksack und
seine Wunden, denn er ist mit Zelt unterwegs und wurde darin von einer Schlange
gebissen.
Spätestens
jetzt wissen wir, weshalb wir nicht mit Zelt gehen.
In Clairvaux,
bekannt durch den heiligen Bernhard von Clairvaux, begegnen wir drei Landauer Santiago-Pilgern.
Das Gespräch ist kurz, wir vergessen daher auch Fotos zu machen, aber sehr intensiv und nach den vielen Wochen weiß man jetzt, dass es doch noch Gleichgesinnte gibt, allerdings ist den Männern die VF auch noch unbekannt.
Auf den
folgenden Kilometern wird es landschaftlich jetzt immer reizvoller, viel
Laubwald, viele Wiesen und Weiden und es wird gut warm.
In Mormant
schließlich, etwa 10 km vor Langres, darf man staunen.
Was hier
zunächst aussieht wie ein verlassenes Bauernhaus ist tatsächlich ein altes
Templerhospiz.
Es stammt
ca. aus dem Jahr 1100 und versinkt langsam im Boden.
Dennoch
ist es beeindruckend, jetzt endlich mal neben den Kathedralen und Kirchen,
wovon es die meisten ja zu Hochzeiten des Pilgerweges noch gar nicht gab, einem Zeugnis der ursprünglichen VF zu begegnen.
Und eine
Tagesetappe hinter Langres treffen wir dann auch unsere erste Rompilgerin. Es
ist Everdiene aus Holland.
Sie ist
genau ein Jahr nach uns, nämlich am 01.Mai in Canterbury gestartet und will
durchlaufen bis Rom.
Sie ist ein
Segen für uns, denn Everdiene spricht deutsch und ausgezeichnet französisch.
Eigentlich
war sie uns immer einen Tag voraus, dass erklärt auch, weshalb wir uns bisher
nie begegnet sind. In Langres hat sie sich den Magen verdorben und musste zwei
Tage pausieren.
Ihr geht es
dadurch weder körperlich noch seelisch besonders gut.
Dennoch
gehen wir ab hier noch eine Woche gemeinsam bis nach Besancon.
Die Chemie
stimmt, wir haben in Etwa den gleichen Gehrhythmus, werden in den gleichen
Unterkünften schlafen und sie wird fortan dolmetschen.
In Besancon verabschiedet sie uns mit den Worten: "Ihr kamt für mich zum richtigen Zeitpunkt."
Erst
verstehen wir das nicht. Doch sie wird genau 100 Tage bis Rom benötigen und
zurück in ihrer Heimat ihr Tagebuch veröffentlichen.
Die junge
Frau war drauf und dran abzubrechen.
Das lange
Allein-Gehen, das wochenlange Mit-Sich-Allein-Sein, teilweise den Weg suchen zu
müssen kann ganz schön zusetzen. Hinzu kam dann noch die kleine
Lebensmittelvergiftung und sie wollte aufhören.
Die Woche gemeinsam tat gut.
Wir machen
in den folgenden Jahren noch mehr Pilgerbekanntschaften, doch wir werden nie
wieder eine Woche lang gemeinsam mit jemandem gehen, auch für sie waren wir die
einzigen, mit denen sie so lange am Stück gemeinsam lief. Wir haben nach wie
vor Kontakt.
Sie
wird auch die Erste sein, die uns gleich anruft als wir, vier Jahre nach
ihr, auf dem Petersplatz ankommen und
uns gratuliert.
Wie fühlen wir uns ?
Wir haben gelernt, laufen ab jetzt
in ganz normalen Wanderschuhen, meine werden bis Rom halten, mein Mann wird
zwei Paar verschleißen.
Aber der Rucksack macht vor allem
mir immer noch Probleme.
Mit Wasserflasche und Stöcken werde
ich nie unter 12 kg kommen.
Die Begegnung mit einer Pilgerin hat
uns allen einfach gut getan. Und auch die Gastfreundschaft und die Neugier über
unser Vorhaben, die man bei manch einem Wirt geweckt hat, bestärken uns.
Körperlich und mental fühlen wir uns
gut.
Zudem ist Everdiene was ihre
technische Ausrüstung betrifft, uns weit voraus. Denn sie führt ein Netbook
mit, hat sich einen Blog, eine Art Internettagebuch, eingerichtet und schreibt
nicht wie ich mühsam allabendlich mit der Hand Tagebuch, sondern erfasst alles
gleich mit PC, spielt Fotos ein und stellt ihren Tagesbericht ins Netz, so dass
daheim Familie und Freunde tagaktuell verfolgen können, wie es ihr geht und wo
sie gerade steckt.
Auch wir lesen allabendlich ihre
Berichte und sind zugegeben etwas neidisch, hat sie doch die Möglichkeit, solch
eine lange Strecke am Stück zu gehen.
Und als Everdiene
schließlich das Foto von sich postet, auf welchem sie überglücklich auf dem
Petersplatz steht, muss es einfach für uns weiter gehen.3. Abschnitt Besancon - Aosta Juni 2011
Mit dem Zug
ist man recht schnell in Besancon.
Ornans
und Pontalier liegen hier bis zur Schweizer Grenze, die man in vier
Tagesetappen erreicht, auf der Strecke. Wichtige Etappenziele in der Schweiz sind
Yverdon am Neuenburger See - Lausanne - Vevey - Montreux - Villeneuve -
Martigny - der Große St. Bernhard-Pass und auf italienischer Seite schließlich
Aosta.
Völlig
unspektakulär erreicht man die Grenze, die sich auch recht unspektakulär
präsentiert.
Zoll- und
Grenzposten sind nicht besetzt und so marschieren wir mal wieder ganz allein
mit uns hinein in den Kanton Waad.
Durch
malerische Juralandschaft und viel Wald geht es zunächst an den Neuenburger See
nach Yverdon, um von hier in Richtung Süden Lausanne anzusteuern.
Da wir in
diesem Jahr die Schweiz auf der VF durchwandern werden, haben wir, um den
Geldbeutel nicht allzu strapazieren, unsere Strategie der Unterkunftssuche
geändert.
Wir laufen
nicht mehr auf gut Glück, sondern haben über die Wintermonate hinweg akribisch die
Strecke geplant und zwar nach dem Gesichtspunkt, abends eine nicht allzu teure
Unterkunft zu finden.
So stoße
ich bei den Recherchen auf einen Zeitungsartikel, der von einem jungen Paar in
Vufflens-la-Ville, kurz vor Lausanne, berichtete, das Pilgern gegen einen
Beitrag, über dessen Höhe man selbst entscheidet, Kost und Logis anbietet.
Sylvie ist
Bibliothekarin in Lausanne, bekommt einen Bericht über die VF in die Hände und
stellt fest, dass der Pilgerweg direkt an ihrem Haus entlang geht, und seit dem
bietet die junge Familie diesen Service an.
3 Pilger
hatten sie bis dahin schon zu Gast.
Hierzu muss
allerdings die kleine Tochter Charlotte jedes mal ihr Kinderzimmer räumen und
es kostet der Mama immer wieder Überredungskünste bis die Kleine dazu bereit
ist.
Das erzählt
uns das Paar am Frühstückstisch.
Ich mache
also, zurück in Deutschland, ein kleines Päckchen fertig mit Buntstiften und
Ausmalbuch, Süßigkeiten und Haarspängelchen und schicke es ihr (das Porto in
die Schweiz war letztendlich teurer als der ganze Inhalt) , jedoch waren wir so
angetan von der netten Geste, dass es uns wert war, und Sylvie schickt eine
Mail, in welcher sie sich bedankt und berichtet, dass die Kleine jetzt immer freiwillig
ihr Zimmer zur Verfügung stellt, in der Hoffnung jedes mal ein Paket zu
bekommen.
Beim
Abschied meinen beide. "Wisst Ihr was, wir kommen ein Stück mit. ",
setzen das Baby in den Kinderwagen, ziehen ihre Wanderschuhe an, schnappen sich
die Kamera und begleiten uns bis kurz vor Lausanne. Jetzt fühlen wir uns zum ersten Mal so etwas wie ein bisschen privilegiert, können wir doch vorerst weiter ziehen ohne Verpflichtungen, keine Arbeit ruft, keine Kinder, kein Büro, kein Haushalt, nur der Weg.
Nebenbei bemerkt hat uns diese Begegnung übrigens dazu bewogen, Pilgern, die z.B. über Speyer und das Elsass nach Rom oder Santiago laufen, ebenfalls für eine Nacht Kost und Logis anzubieten.
Die Strecke
am Genfer See - Lausanne - Vevey - Montreux - Villeneuve- ist wieder ein
Highlight.
Man kommt
zügig voran, ist man doch ständig von den vielen Sehenswürdigkeiten und dem
malerisch in der Sonne liegenden See abgelenkt.
Auch der
Blick auf die Alpenkette ist beeindruckend.
Das ist das
nächste große Hindernis, für die Menschen, die zu Fuß gehen.
In den nächsten Tage wandert man über Martigny und Saint Maurice immer höher und höher.
Bourg St.
Pierre ist das letzte Dörfchen in der Schweiz, bevor es an den Anstieg zum 2.400
m hohen Großen Sankt Bernard geht.
Der
Aufstieg ist lang und anstrengend, zum Teil müssen noch kleine Schneefelder
überquert werden, aber nicht so gefährlich wie oft beschrieben.
Die Route
über den Pass war seit je her die kürzeste Verbindung zwischen Rom - Gallien -
Rheintal.
Und hier wandert man das erste Mal auf einem Stück ursprünglicher VF, denn stellenweise kann man noch die in den Fels gehauenen Treppenstufen erkennen, über die tatsächlich schon Tausende von Pilgern, Kaufleuten und auch Napoleon mit seinen Truppen gelaufen sind.
Es ist der
Jupiterberg, auf welchem zunächst ein Tempel und ein Pilgerspital errichtet
werden und erst im Jahre 1050 der
Erzdiakon
von Aosta, der Heilige Bernhard von Menton, ein Hospiz errichten lässt, weil
die Hospize und Spitäler in Aosta bald überfüllt sind mit Verletzten und
Kranken, und viele Menschen durch Überfälle von Räuberbanden, vor allem aber der
Wetterunbilden wegen bei der Überquerung ums Leben kommen. (Gerade
deshalb war der Weg nach Spanien irgendwann viel sicherer.)
Und es
werden Augustiner-Chorherren beauftragt, dort oben ihren Dienst zu tun. Pilger
und Reisende werden versorgt mit Unterkunft und Verpflegung und zur Suche nach
Verletzten und Vermissten werden auch bald die Bernhardinerhunde mit
eingesetzt.
Und so ist
es auch heute noch.
Fünf
Chorherren werden bei ihre Arbeit von so genannten Laien unterstützt.
Kurz hinter dem Hospiz erreicht man schließlich die Grenze zu Italien.
An
verlassenen Grenzhäuschen vorbei betreten wir nun das Land Nummer 4 unserer
Pilgerreise.
Ab jetzt
gibt es auch VF-Wegweiser und die erste Gemeinde auf italienischem Boden hat
sich von den Fördergeldern etwas ganz besonderes ausgedacht, hier grüßen
nämlich schmiedeiserne Pilgermännchen von den Straßenlaternen.
Schnell erreicht man dann Aosta.
Tags
darauf bringt uns der Postbus von Aosta zurück nach Martigny, und wir legen in
knapp zwei Stunden eine Strecke zurück, wofür man 5 Tagesetappen benötigte,
allerdings geht es diesmal durch den Tunnel.
Wie fühlen wir uns ?
Begeistert vom technischen Equipment
der Holländerin im vergangenen Jahr, besorgen wir uns ein Netbook, legen eine Blogadresse an und werden in Zukunft jeden Abend
tagaktuell über unser Abenteuer berichten und Fotos zeigen können.
Vorausgesetzt man bekommt den
Wifi-Code.
Wir schleppen jetzt also zusätzlich
zu den beiden Handys, den zwei Fotoapparaten und der Videokamera noch einen
GPS-Tracker, einen Hundeabschrecker und das Netbook mit, für jedes ein
Ladegerät und diverse Überspielkabel, so gilt der letzte Check beim Verlassen
einer Herberge jetzt immer den Steckdosen, damit auch ja kein Ladegerät
vergessen wird, also wieder mehr Gepäck.
Meinen Mann hat es allerdings in
diesem Jahr mies erwischt.
Er hilft unserer Tochter beim Umzug,
es macht knack und der Ischias macht ihm zu schaffen.
Ibuprofen wird also zwischen
Besancon und Aosta sein Hauptnahrungsmittel.
Auch ich muss mich erst wieder an
den Rucksack gewöhnen.
Wir laufen also wieder von morgens
bis abends unsere Strecke, muten eigentlich Körper und Geist in den drei Wochen soviel zu wie in den
restlichen 49 Wochen des Jahres zusammen nicht. Und genau das wird uns im
nächsten Abschnitt zum Stolperstein.
Unsere feste Streckenplanung hat
jetzt den Vorteil, dass wir morgens wissen, wo man abends schläft. Allerdings
hat das auch zur Folge, dass man dann abends die Strecke bewältigt haben muss.
Da heiß es dann auch mal "Augen
zu und durch", wenn es nach einem Gewitter über nasse Wiesenpfade zur
Unterkunft geht, ja und ab und zu hätte man auch mal gern eine Waschmaschine.
Diese Etappe - durch die Jura -
hinab zum Genfer See - durch Weinberge - hinauf in die Alpen - wieder hinab ins
Aostatal-
war landschaftlich die
abwechslungsreichste der gesamten Strecke. Es
wurde trotz Rucksack ganz einfach zum Genusswandern.In solchen Momenten wäre man gern weiter gelaufen.
4. und 5. Abschnitt Aosta - Ivrea - Fidenza April 2012 und Mai 2013
Im April 2012
geht es wieder los.
Wir
nehmen 120 km durchs Aostatal in Angriff und haben, begeistert von unserem
Blog-Tagebuch Bruder und Schwägerin im Schlepptau.
Es ist
regnerisch um Ostern herum und wir werden oft nass.
Doch auch diese Jahreszeit hat etwas.
Und wieder ändert sich die Landschaft.
Aosta wird
auch "Das Rom der Alpen"
genannt und der Weg durchs Aostatal ist
der Weg der Burgen, die hier auf fast jedem Hügel thronen.
Das
Tal ist zum Teil so eng, dass zwischen den hohen Felswänden nur der Fluss und
eine kleine Straße Platz haben, Autobahn und Schienen führen durch den Fels.
So ist es
auch nicht verwunderlich, dass jemandem, der mit dem Auto unterwegs ist, dieser
Abschnitt gar nicht auffällt.
Hier
berühren unsere Füße wieder Steine, auf denen bereits die allerersten Pilger
schritten.
Denn am Ortseingang
von Donnas blieb ein Stück alte Römerstraße mit Stadttor erhalten, man kann
deutlich die Karrenspuren und einen Meilenstein erkennen. Schon beeindruckend.
Es wird bis zur Toskana dauern bis wir nochmals auf einer gut erhaltenen Römerstraße wandeln.
Es wird bis zur Toskana dauern bis wir nochmals auf einer gut erhaltenen Römerstraße wandeln.
Fünf Tagesetappen benötigen wir bis Ivrea, die erste größere Stadt im Piemont auf unserem Weg.
Das Tal
öffnet sich und nach Ivrea erwartet den Pilger die Poebene. Jetzt sind wir froh,
mal keine Höhenmeter zurücklegen zu müssen.
Diesen
Abschnitt nehmen wir schließlich ab Mai 2013 unter die Füße.
Es geht
jetzt mehrere Tage durch die Lomellina, das größte Reisanbaugebiet Europas mit
Vercelli als Reishauptstadt.
Daneben
sind Pavia und Piacenza weitere wichtige Etappenziele.
Wir sind
Anfang Mai unterwegs, die Reisfelder sind noch geflutet und man meint, durch
eine riesige Seenlandschaft zu gehen. Teilweise übertönt das Quaken der Frösche
den Autolärm.
Übrigens wurden die Pilger früher angehalten, ihre Taschen, mit den Fröschen zu füllen, um sie am Tagesziel in der Klosterküche abzugeben, "rane fritte" (frittierte Frosch) ist noch heute ein traditionelles Gericht der Gegend.
Einige
Wochen später grünt hier alles, dann allerdings kann man sich vor Mücken kaum
retten, so entscheiden wir uns für das kleinere Übel, starten also im Mai.
Als wir
einen Zug durchfahren sehen, meint mein Mann: "Guck mal, wenn wir da drin
sitzen, haben wir den Abschnitt geschafft."
Es soll
aber anders kommen.
Hinter
Vercelli geht es schließlich in die Lombardei nach Pavia mit der Krönungskirche
Barbarossas und dem besten Eis bis Rom.
Von hier aus kann man zu Fuß zum nächsten größeren Etappenziel, Piacenza, laufen. Wir aber wollen auf der historischen Route bleiben und auf traditionelle Weise den Po überqueren. In dem Örtchen Corte Sant Andrea markiert wirklich noch eine Stele die ursprüngliche Anlegestelle, von welcher aus die Pilger von einem Fährmann über den Po gebracht wurden.
Und auch
heute noch lebt am anderen Ufer ein alter Fährmann, der nach telefonischer
Vereinbarung Pilger über den Po bringt.
Die
Überfahrt dauert ganze 7 Minuten und kostet 10,- Euro pro Person.
Für den
Fährmann, Danilo Parisi, ist das eine Art heiliger Akt in Anlehnung an die
Überfahrt des Erzbischofs von Canterbury.
Und auf der
anderen Seite angekommen, gratuliert er uns und wir dürfen uns in sein Pilgerbuch
eintragen.
Im Jahr
1998 hat er, nach der Wiederentdeckung der VF, den ersten Pilger, einen
Niederländer, übergesetzt und seit dem führt er genau Statistik.
2012 ,
das Jahr bevor wir über setzten, waren es bereits 533, insgesamt hatten bis
dahin schon über 2.500 Pilger seine Dienste in Anspruch genommen.
Wir sind
also in der Emilia Romagna und müssen fortan eigentlich nur der Via Emilia
folgen.
Piacenza
ist die nächst größere Stadt.
Im Grunde
genommen kann man jetzt bis kurz vor
Parma auf der Via Emilia bleiben, um
dann in Fidenza den Knick nach Süden zu machen.
Die
Bergkette des Apennin ist schon zu erkennen und wir überlegen, an welcher
Stelle wohl der Cisa-Pass ist, den es in den nächsten Tagen zu überqueren gilt
und freuen uns auf die Toskana.
Mittlerweile
ist nun auch der zweite deutschsprachige Wanderführer zur VF ab Lausanne
erschienen mit entsprechenden Karten.
Eigentlich
laufen wir aber nicht streng nach Karte. Zu oft wird man an verlassenen Burgen
oder irgendwelchen Ruinen vorbei geführt.
Für eine
Tageswanderung sicher interessant, aber nicht jetzt, wir wollen Strecke machen.
Diesmal
allerdings lassen wir uns verleiten, wollen das Kloster Chiaravalle delle
Colomba besuchen, 7 km abseits der Strecke.
Dort soll
es auch eine Unterkunft geben.
Bisher sind
wir mit den Unterkünften in den Pfarreien oder Klöstern recht gut gefahren, es
war sauber, und manchmal
wurde man
vom Kustor oder eine Haushälterin auch bekocht.
Sehr umsorgt fühlten wir uns in der schlichten Abbazia di Sant Albino in Mortara, die bereits seit dem Mittelalter wichtige Zwischenstation für Rompilger war.
Sehr umsorgt fühlten wir uns in der schlichten Abbazia di Sant Albino in Mortara, die bereits seit dem Mittelalter wichtige Zwischenstation für Rompilger war.
Oftmals
kommt am Abend der Pfarrer, wie hier Don Lorenzo, vorbei und stempelt nach
gründlicher Durchsicht die Pilgerpässe ab, nicht selten zeigen die Geistlichen
auch voller Stolz ihre Kirchen und machen auf architektonische Besonderheiten
aufmerksam.
Heute ist
es aber ganz anders.
Die
Unterkunft hingegen die Schlimmste, die wir bis Rom unter die Augen bekommen
sollten. Ekelig, versifft, dreckig.
Die Küche
absolut nicht zu benutzen. Von den drei Betten suchen wir uns die beiden
äußerlich noch zumutbarsten aus.
Und aus
irgend einem Grund beginnt schließlich mein Mann das Bad zu putzen, damit ich
es benutzen kann. Wie letztendlich das Wischwasser aussieht, kann man gar nicht
beschreiben.
Wir sind zu
kaputt, um in der Dämmerung weitere 12 km bis Fidenza zu gehen, suchen eine Bar,
um etwas zu essen und wollen die Rumpelbude eigentlich nur zum Schlafen nutzen.
Plötzlich beginnen seine sonnenverbrannten Unterarme zu jucken, es bildet sich Ausschlag, zu Essen gibt es vorerst nichts, ein Gewitter setzt ein, die Barfrau rückt ihren WiFi-Code nicht raus, den benötigen wir aber für das Online-Tagebuch, wir verpulvern also unnötig Geld, weil die Mobilfunkverbindung ständig zusammenbricht, ihn überkommt plötzlich Sehnsucht nach dem Enkelchen und ein Anruf von daheim (meinem Vati ging es damals nicht so gut), bringt schließlich das Fass zum Überlaufen.
Zum ersten
mal, nach fünf Jahren "Wanderschaft" beginnt mein Mann zu zweifeln:
"Wozu machen wir das alles. Welchen Sinn hat das ? Ich will das alles
nicht mehr."
Die Arme
jucken, wir haben Hunger, einen Alimentari gibt es nicht in diesem armseligen
Kaff, lediglich einen Klostershop, in dem der Pfarrer Bonbons, Schnaps und
Souvenirs verkauft.
Jetzt noch
12 km durch die Gewitternacht laufen ?
Ich bin
erst einmal geschockt, weiß auch nicht, was ich sagen soll und kann ihn nicht
aufbauen. Eigentlich bin ich die Jammertante, der Gedanke ans Aufgeben kam
bisher jedoch nie.
Wir
verpuppen uns regelrecht in unsere Schlafsäcke und sehen zu, ja nicht mit dem
Bettlaken in Berührung zu kommen.
Ich
liege schlaflos da, spüre wie die Flöhe beißen und zähle die Glockenschläge mit.
Um fünf packen wir die Rucksäcke, wärmen die klammen Sachen etwas über dem
Gasherd und laufen los, im Dunkeln, 12 km ununterbrochen bis Fidenza.
Hier sind
wir dann schon gegen halb neun. Eigentlich ist die Stadt heute nicht das
Etappenziel, weitere 10 km liegen vor uns, und weitere 4 Tage bis zum Cisa-Pass
und in die Toskana.
In Fidenza
angekommen lassen wir uns im Dom in die Kirchenbank sinken und schweigen eine
gefühlte halbe Stunde.
Mein Mann
hat sich erholt, von Aufgeben ist nicht mehr die Rede.
Jetzt aber
dreht sich meine Gefühlswelt. Die Tränen kullern, ich lass meinen Kopf auf
seine Schulter fallen und seufze. "Ich will nach hause." Ich kann gar
nicht wieder aufhören zu weinen.
Peinlich
berührt kann mein Mann gar nicht fassen, dass er mich mit seinem
Gefühlsausbruch mental so runter gezogen hat.
Hinzu
kommen der fehlende Schlaf, die körperliche Erschöpfung, dass regnerische
Wetter und der Blick auf die Berge, wo es in den nächsten Tagen hinüber gehen
soll.
Was die
Höhenmeter betraf, waren wir von der Poebene verwöhnt, tagelang waren 0 hm zu
bewältigen.
Geplant war
eigentlich, uns hier Kondition anzulaufen, um dann über den Apennin zu gehen.
Statt
dessen gehen wir ins Tourismusbüro gegenüber, lassen uns ein kleines
Hotelzimmer buchen und eine Rückfahrkarte für den Tag darauf. Im Zimmer lassen
wir die Rucksäcke und die Kleidung fallen, duschen, es gibt Handtücher und
weiße Bettwäsche, die Schlafsäcke bleiben im Rucksack und wir sinken in einen
Tiefschlaf.
Als wir
morgens zum Bahnhof gehen, ausgeschlafen und ausgeruht, haben wir unsere
Entscheidung schon fast bereut.
Wir
fahren zurück, mit Halt in Piacenza, Pavia, Vercelli, sehen, dass die
Reisfelder langsam grünen, pressen die Stirn ans Fenster und würden am liebste
aussteigen, zurückfahren und weiter laufen.
Zum Glück
gibt es im Blog nur positive Kommentare -
Wie fühlen wir uns ?
Wir behalten unsere Strategie bei,
recherchieren über die Wintermonate hindurch, planen die Strecke und die
Unterkünfte.
Macht uns die so oft schrecklich
geschilderte Poebene kaum zu schaffen (Schuhe laufen sich perfekt, Rucksack
wurde abgespeckt, keine Wehwehchen, keine Medizin ist diesmal notwendig) und
sehen wir die Po-Überquerung als einen Höhepunkt der Pilgerreise, kann einem
eine dreckige Unterkunft, gepaart mit verschiedenen anderen Umständen schon
zusetzen.
Diese Erfahrung mussten wir machen.
Damals sahen wir das kurzzeitig
unter dem Gesichtspunkt des Scheiterns und Versagens.
Heute sind wir dankbar für dieses
Erlebnis.
Auch für die Planung der weiteren
Strecke diente diese Begebenheit.
Ursachenforschung müssen wir gar
nicht erst betreiben, der Fehler ist erkannt.
Wir laufen seit 5 Jahren nach dem
gleichen Schema - morgens beizeiten losgehen - ab und zu eine Rast zwischendurch ja - und abends ankommen, und
das Tag für Tag, wir haben uns ganz einfach in all den Jahren keinen Ruhetag
gegönnt.
Einen Tag pausieren erschien uns wie
verlorene Kilometer.
In Zukunft gibt es also Ruhetage.
6. Abschnitt Fidenza - Siena Mai 2014
Nur die
Harten kommen in den Garten - mit dieser Einstellung starten wir Anfang Mai.
Pontremoli
- Aulla - Sarzana - Lucca - San Miniato - San Gimignano - Siena - das sind die
großen Orte, durch welche uns dieser Abschnitt führt.
Zunächst
gilt es, die "Verlorene" Strecke zu laufen.
Das
bedeutet in diesem Jahr, gleich zu Anfangs rufen die Bergetappen.
Und der
Apennin präsentiert sich zu dieser Jahreszeit von seiner besten Seite. Wir sind
begeistert, auch wenn es stetig bergauf geht, ist das Laufen durch die grüne
Landschaft ein Labsal für die Seele.
Wir
genießen es einfach, nehmen uns nicht zuviel Bergkilometer vor und auch die
Unterkünfte können sich sehen lassen.
Ab
hier hat auch jeder Ort eine kirchliche oder eine kommunale Herberge, die sind sauber,
und die vielen Betten lassen uns nur erahnen, wie viel Pilger hier in den
kommenden Monaten vorbei ziehen werden.
Der
Pilgerweg hat sich mittlerweile herum gesprochen und auch wir werden jetzt
immer mehr Pilgern begegnen.
Mit der
Überquerung des Cisa-Passes, der übrigens zum Pflichtprogramm des Giro d`Italia
gehört, hat man schließlich die Toskana erreicht.
In
Pontremoli, der ersten größeren Stadt, gibt es bereits nach 5 Wandertage den
ersten Ruhetag und kein schlechtes Gewissen. Von Aulla führt die Strecke vorbei an malerisch kleinen Orten nach Sarzana und zunächst hinüber nach Ligurien ans Mittelmeer.
Wenn man
dann meint, man hätte wieder schneebedeckte Berge vor sich, täuscht man sich,
denn vor uns liegen die Marmorbrüche von Carrara.
Die Orte am Meer, durch die wir nun wandern, präsentieren sich mit Marmor-Gehwegen, Marmor-Bordsteinen, Marmorbrunnen, Marmorplätzen, Marmorskulpturen, Marmor über Marmor. Sehr beeindruckend.
Die Orte am Meer, durch die wir nun wandern, präsentieren sich mit Marmor-Gehwegen, Marmor-Bordsteinen, Marmorbrunnen, Marmorplätzen, Marmorskulpturen, Marmor über Marmor. Sehr beeindruckend.
Jetzt wird
uns erst einmal bewusst, wir sind vom Atlantik, vom Ärmelkanal, bis an die
ligurische Küste, ans Mittelmeer gelaufen. Nun kommt auch
so etwas wie Stolz auf und das Gefühl, jetzt kann eigentlich nichts mehr
dazwischen kommen, Rom ruft.
Wir sind eine kleine Wegstrecke in Ligurien und ab Marina di Massa wieder in der Toskana.
Wir sind eine kleine Wegstrecke in Ligurien und ab Marina di Massa wieder in der Toskana.
Es geht nach Lucca- die Stadt des Lichtes.
Und wieder
gibt es einen Ruhetag. Wir kennen Lucca noch nicht und wollen Sightseeing
machen.
Neben der
Landschaft ändert sich hier auch die Architektur der Städte. Man wird an fast
allen größeren Orten bis Rom durch ein Stadttor hinein und ein anderes hinaus
laufen.
Die
historischen Stadtkerne sind erhalten und es ist ein ganz anderes Gefühl, diese
Städte als Weitwanderer oder Pilger zu betreten als wenn man ein ganz normaler
Urlauber oder Tourist wäre.
Bereits
3 Tagesetappen hinter Lucca grüßen dann schon von Weitem die Geschlechtertürme
von San Gimignano und noch zwei Tage und Siena ist erreicht.Trotz der beiden Ruhetage liegen wir gut in der Zeit und setzen mutig eine Bonusetappe dran, gehen über Montalcino zur Abbazia di Sant Antimo, lauschen den gregorianischen Gesängen der noch dort lebenden 5 Mönche, kommen in ihrem Gästehaus unter und sind etwas traurig, heuer nicht weiter laufen zu können.
Rom ist nicht mehr weit.
Wie fühlen wir uns ?
Mental sind wir wieder auf der Höhe.
Auch der Start in Fidenza im Regen,
kann uns eigentlich nichts anhaben.
Strecke, Unterkünfte, Ruhetage sind
geplant.
Wenn sich da nicht mein Gatte mit
einer verschleppten Erkältung herum schlagen müsste.
So ist es auch nicht verwunderlich,
dass wir auf diesem Abschnitt zwischen Fidenza und Siena fast jede Pharmacia von Innen kennen lernen, denn aller
paar Tage muss eine neue Packung Aspirin plus C herhalten.
Wie starten im Mai, der Cisa-Pass
liegt auf 1000 m, es ist noch recht frisch, viele Unterkünfte haben gerade erst
wieder geöffnet und sind noch kalt, hinzu kommen mehrere Furtendurchwatungen,
die eigentlich im Sommer ausgetrocknet sind.
Aber er hält tapfer durch.
Aber er hält tapfer durch.
Was mich betrifft, so gehe ich viel
bewusster ans Rucksackpacken, kenne meine motzige Laune, wenn das Gepäck zu
schwer wird und ich immer lahmer werde, zumal es ja wieder hinauf geht. Ich reduziere
also bis aufs Nötigste und bin stolz als die Waage erstmals nur 9,5 kg anzeigt.
Der Ruhetag in Lucca tat meinem Mann
mit seiner Erkältung zwar gut, ich allerdings wäre am liebsten weiter gelaufen.
Zuviel verlockende Geschäfte,
Schuhe, Taschen, Schmuck. Wenn man tage- oder wochenlang zu Fuß unterwegs ist,
lernt man, eine trockene Herberge, ein
sauberes Bett und ein gutes Essen zu schätzen, alles andere ist zweitrangig.
Zuviel Touristen, die laut plappernd
in den Straßencafes sitzen oder den bunte Fähnchen wedelnden Stadtführern
nacheilen.
Es ist einem alles zu laut, zu
schnell, zu oberflächlich.
Am liebsten würde man den Leuten
zurufen, wisst Ihr, wie wir hier herkommen sind und wie viel km wir schon unter
den Füßen haben ?
So ist man froh, durch eines der Stadttore wieder
ins "Freie" zu gelangen und in die Natur einzutauchen, einfach nur
laufen.
Inzwischen haben wir auch gelernt,
mindestens 1 Stunde Mittagsrast zu machen und, wenn es sich anbietet, warm zu
essen.
Wir versuchen, bis mittags 2/3 der
Strecke zurück gelegt zu haben und fahren gut damit.
Ähnlich wie in Lucca geht es uns
auch in Siena. Wir kennen die Stadt bereits aus früheren Urlauben.
Man findet sich ganz plötzlich im
Touristengetümmel wieder und kommt sich irgendwie fremd vor.
Jedenfalls ist die Sehenswürdigkeit
in Siena für mich ein Waschsalon und statt einer Stadtbesichtigung genießen wir
anschließend maschinegewaschene Wandersachen.
Die Endetappe ist bereist für den
Herbst geplant. Wir müssen also dieses Mal nicht so lange warten bis es wieder
losgeht.
Rom ruft immer lauter.Finale Siena - Rom Ende September, Anfang Oktober 2014
Auf zum Endspurt.
Radicofani
- Aquapendente - Bolsena - Montefiascone - Viterbo - Sutri - das sind einige
Etappenziel auf diesem Wegabschnitt.
Wir
gehen erstmals im Herbst, es ist warm, sehr warm.
Hinter
Siena beginnt die Crete de Sienes mit ihren weißen Straßen, auf welche wir nun
einige Tage laufen werden. Es ist eine dünn besiedelte, schattenarme Gegend.
Wir ertappen
uns immer wieder, dass wir stehen bleiben und die Landschaft auf uns wirken
lassen. Die Felder sind mittlerweile abgeerntet und die Umbra- und Ockertöne
der Äcker sorgen dafür, dass wir schnell wieder dem Genusswandern verfallen,
einfach nur Gehen und Genießen heißt es in den folgenden Tagen.
Wehe dem
aber, der hier ohne Kopfbedeckung und Trinken unterwegs ist.
Zwischen
Radicofani und Aquapendente verläuft die Grenze zwischen der Toskana und dem
Latium und wir betreten die letzte italienische Region unserer Pilgerreise.
Von Aquapendente geht es nach Bolsena und uns geht es besser und besser.
Jede Stadt
und jedes Dorf entlang der Strecke hat seinen besonderen Charme und seine
Geschichte.
Dem
Blutwunder von Bolsena verdanken wir z.B. das Fronleichnamsfest.
Es geht
vorbei am Bolsenasee und kurz danach begrüßt
den
Wanderer am Ortseingang von Montefiascone das monumentale Ortseingangsschild
Montefiascone - Citta dell Est! Est! Est!
Denn wir
befinden uns hier in einer besonderen Weingegend mit eine speziellen
Geschichte.
Im Jahre
1111 reiste Heinrich der V nach Rom und in seinem Gefolge der Prälat Johannes
Fugger, ein besonderer
Weinliebhaber.
Um nun nicht an zweifelhaften Orten einkehren zu müssen, ließ er immer eine Tagreise seinen Diener voraus
eilen und den Wein verkosten. An jede Wirtschaft, die einen guten Wein
ausschenkte, sollte dieser mit Kreide das Wort "Est" (hier ist es) an
die Tür schreiben, handelte es sich um einen ganz edlen Tropen "Est ! Est !".
In Montefiascone fand sein treuer Diener den Wein schließlich so gut, dass er "Est ! Est ! Est !" an die Tür schrieb.
In Montefiascone fand sein treuer Diener den Wein schließlich so gut, dass er "Est ! Est ! Est !" an die Tür schrieb.
Auch sein
Herr war von dem Wein so begeistert, dass er in Montefiascone blieb, sich fortan
dem vertieften Studium des Muskateller widmete und sich letztendlich daran zu
Tode trank.
Das Grab
des noblen Weinliebhabers kann man heute in einer der Kirchen der Stadt
besichtigen und von dem Vermögen, dass er der Stadt hinterließ, wurde noch lange
nach seinem Tode jährlich in feierlicher
Prozession ein Fass Est! Est! Est! auf seinem Grab geleert.
Auch
wir genehmigen uns während des abendlichen blog-Schreibens eine Flasche des
legendären Rebensaftes und kommen zu dem Schluss, dass der Diener offensichtlich
selbst sehr durstig und deshalb nicht mehr ganz nüchtern gewesen sein musste
als er die dreifache Verstärkung an die Tür kritzelte und Herr Fugger
wahrscheinlich länger gelebt hätte, wäre er dem Pfälzer Wein verfallen. Auch wird man in der Stadt darauf aufmerksam gemacht, das es noch 100 km bis zum Petrusgrab sind.
Verlässt man schließlich Montefiascone, geht es wieder auf historischen Pfaden weiter und man hört abermals den Mantel der Geschichte rauschen, denn einige Kilometer legt man jetzt auf der historischen Handelsroute, der Via Cassia Antica zurück, schwarze Basaltsteine, über welche schon Millionen von Pilgern, Kaufleuten und römische Truppen lang marschierten.
Diese Strecke
führte einst bis Rom und tatsächlich, so meinen wir, hat das Ganze das Ding zum
Weltkulturerbe.
Die Pilger,
die jetzt unterwegs sind, zählen wir nicht mehr.
Holländer,
Iren, Franzosen, Italiener, Österreicher, Amerikaner, Deutsche. Einige von
ihnen gehen nach Assisi, andere kommen uns aus Rom entgegen und laufen nach
Santiago.
Hatten wir
uns doch anfangs im Pas de Calais Pilger herbei gesehnt, wünschten wir uns
jetzt doch ab und zu mal, die Einsamkeit der ersten Etappe zurück.
Zumal die
letzten 100 km inzwischen auch von Reiseveranstaltern als geführte Wanderung
angeboten werden.
Der
Kommerz lässt grüßen.
Bevor man
das Einzugsgebiet Roms erreicht, geht es teilweise ganze Tagesetappen durch
Olivenhaine und Haselnussplantagen in das malerisch auf einem Tuffsteinhügel
gelegene Sutri.
Hier bieten
die Karmeliterinnen Unterkunft an. Und das Besondere daran ist, da die
Schwestern in Klausur leben, dass man sich mit ihnen nur durch ein kleines
Gitter unterhält, die Bezahlung, die Schlüsselübergabe und das Abstempeln des
Pilgerpasses erfolgen mittels eines Drehtellers. Man legt also Pass und Geld auf
den Teller und nach 360 Grad, kommen die abgestempelten Pilgerpässe und
Schlüssel zum Vorschein und durchs Gitter haucht sie dann die Zimmernummer.
Das
war mal ein ganz seltener Empfang.
Wenn man
jetzt aber glaubt, die gesamte Restrecke verläuft ohne besondere Vorkommnisse,
dann wären wir nicht wir.
Mit der Wiederentdeckung der VF und dem damit verbundenen Markierarbeiten, wollte man, gerade vor Rom, das Gehen sicherer machen und die Pilger von der Straße nehmen.
Geprägt
durch die vielen Umwege, die wir zwischenzeitlich, bedingt durch die neuen
Wegweiser, gelaufen sind und beflügelt durch die Tatsache, dass bis jetzt ja
alles gut läuft und wir körperlich und mental gut drauf sind, ignorieren wir
mal wieder den Wanderführer, der uns heute 32 km durch die Pampa schicken will.
Nach dem
obligatorischen italienischem Frühstück, bestehend aus Cappuccino und einem
süßen Teilchen, in einer morgendlichen Bar, laufen wir zunächst brav Landstraße,
bis uns eine neue Autobahn den Weg versperrt.
Und wer
sich selbst schon einmal beim Wandern verlaufen hat, weiß dass es schmerzt,
mühsam gelaufene km wieder zurück gehen zu müssen.
Ich brauche
etwas, bis ich mich auf Drängen meines Mannes dazu durchringe, Autobahn zu
pilgern, in 6 Minuten legen wir 500 m zurück und sind danach nass geschwitzt.
Da aber
kein Autofahrer empört hupt, scheint es wohl öfters vorzukommen, dass hier ein
paar irre Wanderer entlang laufen.
Das Ende
vom Lied und von unserem Starrsinn ist, dass wir uns schließlich total
verheddern und abends nach 37 km auf dem Zahnfleisch gehend die Herberge
erreichen.
Meine Knie
spielen verrückt, aber wir brechen nicht zusammen. Obwohl der Chaostag noch
kein Ende hat.
Die
Herberge ist neu und schön und in einem Turm unter gebracht, es gibt auch einen
Fahrstuhl, der ist aber heute defekt, es gibt nagelneue große Duschen, nur
heute gibt's kein warmes Wasser, es gibt auch WiFi, nur heute ist der Server
ausgefallen.
Schließlich
duschen wir kalt und gehen Frusttrinken in die Bar gegenüber, als wir zurück
kommen, ist die Herberge abgeschlossen. Was für ein Tag.
Im Tagebuch dazu steht nur - 37 km - 12 Stunden - 3 Fotos !
Obwohl mehrere Bahnstationen am Weg locken, wollen wir die letzen km nun auch noch zu Fuß zurück legen und nehmen allen Mut zusammen.
Jetzt
befinden wir uns bereits im Einzugsgebiet Roms und es dauert nur noch zwei Tagesetappen.
Die letzen
12 km geht es entlang der Via Trionfale und wir starten an der Hausnummer 13 965,
wobei Hausnummer 1 das Capitol ist.
Teilweise kommen uns die Autos zweispurig entgegen.
Teilweise kommen uns die Autos zweispurig entgegen.
Als ein
ältere Mann auf seinem Rad uns entgegen kommt und absteigt, uns die Hände
schüttelt und ruft "San Pietro!" und dabei immer geradeaus weist,
lässt die Anspannung etwas nach, die Menschen sind Pilger gewöhnt.
Und ähnlich
wie die Überquerung des Großen Sankt Bernhard wird vieles heißer gekocht als
gegessen.
Vielleicht
ist es auch das Gefühl, jetzt kann einem nichts mehr passieren, wenn Du es bis
hier her geschafft hast, dann kommst Du auch ans Ziel.
Fünf km vor dem Petersplatz kehrt nochmals Ruhe ein, denn man steigt zu den Grünanlagen des Monte Mario hinauf, Mons Gaudii, Berg der Freude, und sie kommt - die Freude und der große Augenblick: die grandiose Aussicht auf Rom.
Fünf km vor dem Petersplatz kehrt nochmals Ruhe ein, denn man steigt zu den Grünanlagen des Monte Mario hinauf, Mons Gaudii, Berg der Freude, und sie kommt - die Freude und der große Augenblick: die grandiose Aussicht auf Rom.
Unser Blick
schweift über die Ewige Stadt.
Das Gefühl
ist unbeschreiblich, schmerzende Füße, Schultern und Rücken - vergessen, Stürze,
blutige Knien, Blasen - vergessen, Tage im Regen und Nächte in schmutzigen
Unterkünften - vergessen.
Wir
schicken von hier oben an die Familie, Freunde, Arbeitskollegen MMS "Noch
fünf km bis zum Petersplatz."
Die letzten km
sind schnell zurück gelegt, voller Stolz erreichen wir den Petersplatz und man
hat plötzlich das Gefühl, alle Menschen um einen herum sehen Dich bewundernd
an, es ist ganz anders als in Siena oder Lucca, obwohl sich hier viel mehr
Besucher tummeln, wird man das Gefühl nicht los, die Menschen
wissen, dass Du eine lange Strecke zurück gelegt hast und zeugen Dir
Anerkennung.
Die
großen Ankunftsemotionen packen Dich und man ist unbeschreiblich glücklich, wir
haben es geschafft.
In der
Herberge in Trastevere wird man schließlich von den Jakobsbrüdern begrüßt, darf
hier, man höre und staune, mitten in Rom, zwei Nächte kostenlos (Spende)
übernachten und für die Pilger wird abends gekocht.
Das ist
aber nicht alles, hier wird das Ritual der Fußwaschung vollzogen und es ist
wieder ein sehr erhabenes Gefühl.
Wir haben Karten für die Papstaudienz bestellt, die man im deutschen Pilgerbüro bekommt und man hat sogar für Pilger Sonderplätze auf der Tribüne reserviert. Selbst mein Mann, der unser Vorhaben doch eher als sportliche Herausforderung sah, mein letztendlich - Großes Kino.
Da wir nun
so weit und so lange unterwegs waren und noch ein wichtiger Stempel im
Pilgerpass fehlt, wir aber nicht an der Schlange zum Petersdom anstehen wollen,
nehme ich all meinen Mut zusammen und flöte vor dem Schweizgardisten meine
Spruch herunter: "Buongiorno Senore, siamo tedesci pellegrini, wir hätten
gern unseren Stempel und ein Testemonium, die Pilgerurkunde."
Und siehe
da, schnell werden die Rucksäcke durchleuchtet und man erhält Einlass in den
Vatikan, das ist eigentlich Land Nummer 5 unserer Pilgerreise.
Im Büro der
Sakristei gibt man seinen Pilgerpass ab und einige Minuten später überreicht
eine junge Angestellte uns jedem ein Testemonium.
In Rom
besuchen wir noch die sechs anderen Wallfahrtskirchen und 3 Tage später landen
wir in Baden Baden, da wo vor 6 Jahren unser Abenteuer begann.
Hier gibt
es zur Begrüßung eine selbst gebastelte Pilger-Goldmedaille vom Enkelkind
und
einige Tage darauf die Glückwunschkarte von Everdiene.
Wie fühlen wir uns ?
Bereits beim Start in Siena sind wir
gut drauf.
Keinen schweren Rucksack, nur das
Nötigste.
Es ist unheimlich warm für dies
Jahreszeit. Wir laufen nie im Regen.
Wir haben tolle Begegnungen und sind
mittlerweile so geübt darin, tatsächlich als Pilger oder Weitwanderer
durchzugehen.
Auch lassen wir uns nicht
beeinflussen von der Prahlerei anderer, gehen unseren Rhythmus, machen unsere
Pausen und gehen unsere Strecke nach unserem Zeitplan.
Wir hören auf unseren Körper, obwohl
des Nachts mein Mann mal wieder nicht ohne Schmerztabletten auskommt, der
Ischias eben.
Die Psyche könnte nicht besser sein,
vielleicht, weil es der Abschnitt ist, in dem wir endlich ans Ziel kommen, oder
weil die Landschaft soviel bietet oder weil man nicht mehr allein unterwegs
ist, weil Pilger bekannt sind und begrüßt werden, wir genießen einfach die
Strecke.
Und in Rom angekommen, ist man von Stolz und einem unbeschreiblichem Hochgefühl erfüllt. Als wir noch auf dem Petersplatz die ersten Anrufe mit Gratulationen bekommen, macht das uns unheimlich glücklich. Einfach Gänshautfeeling. Abschluss
Für die knapp 2.000 km von
Canterbury nach Rom benötigten wir 98 Wandertage und 6 Jahresurlaube.
Der längste Wandertag schlug mit 37
km zu Buche, die Etappe zum Großen Sankt Bernhard hatte mit 900 hm den höchsten
Anstieg. Insgesamt legten wir 18.000 hm im Anstieg und 16.000 hm bergab zurück.
Wir liefen auf Asphalt, Feld- und
Wiesenwegen, übern Acker, im Gebirge, über Schotter, durch Furten und auf alten
Römerstraßen.
Außer im letzten Abschnitt
benötigten wir immer an einem oder mehreren Tagen das Regencape.
Wir schliefen in Unterkünften mit
3*-Niveau, in kleinen Hotels und Bed and Breakfast, in betont einfachen und
auch in schmutzigen Herbergen, in kommunalen und kirchlichen Häusern, in
Jugendherbergen, Klöstern und Conventen, einmal in einem Krankenhaus, weil man
hier auch Zimmer für Pilger zur Verfügung stellte, einmal auf einem
Campingplatz, in sauberen und nicht so sauberen Betten, auf Europaletten und
auf dem Boden.
Wir wurden eigentlich immer satt und
mussten nicht verdursten.
Verbraucht haben wir gefühlte 100
Tabletten Ibuprofen und Aspirin plus C, 5 Päckchen Blasen- und Herpespflaster,
5 m Leukoplast und 2 l Sonnencreme, verschlissen haben wir drei Paar Wanderschuhe
und ebensoviel Socken, auf der Verlustseite stehen neben einem Überspielkabel,
einem Handtuch und einem Schal , 2 Zehnägel und ein Zahn.
Gerade das Jahr für Jahr
Immer-wieder-Losgehen, Immer-wieder-Starten kostete uns oft innere Überwindung.
2009
2010
2011
Nicht selten wollte man nach den
ersten 2 bis 3 Wandertagen sagen - komm, lass' uns hier bleiben und einfach
"richtigen" Urlaub machen.
Trotz gelegentlichen
Ausdauertrainings hat man seinen Körper doch jedes Mal von Null auf Hundert neu
belastet.
Auch
das km-weite Laufen bei allen Wetterlagen mit und ohne Ischias, mit und
ohne Erkältung, brachte uns schon ab und zu mal an die Grenzen des
Erträglichen.
Auf der Gewinnseite steht die
Erfahrung, mit Wenigem auskommen zu können, ohne Etwas zu vermissen, Menschen
zu begegnen, ihre Offenheit zu spüren und ihre Hilfsbereitschaft anzunehmen.
Wir sind durch Landschaften
gewandert, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten und spürten, man entschleunigt, wenn man zu Fuß
unterwegs ist, lebt intensiver und die Wahrnehmung ändert sich, man empfindet Demut
vor der Natur und den Kulturgütern am Wegesrand.
Nicht nur wir, auch die Welt hat
sich verändert seit dem Tag, als wir an der Kathedrale in Canterbury loszogen.
Wenn wir damals weiter gelaufen wären, hätten wir es vielleicht noch bis
Jerusalem geschafft, bevor in Syrien der Bürgerkrieg ausbrach, Deutschland ist Fußball-Weltmeister
und ,passend zum Thema, der Papst hat gewechselt.
Allzu schnell hat einen der Alltag
wieder eingeholt, doch, das was wir hier erlebt haben, kann uns keiner mehr
nehmen.
Manchmal ertappe ich mich,
wenn ich träumend aus dem Fenster schaue und mich auf den Weg zurück wünsche.