Das Zimmer in Calendasco hat ein Doppelstockbett und ein
Feldbett, sonst wirklich nichts, keinen Stuhl, keinen Tisch, keinen Schrank und
ist somit viel zu teuer. Den Aufenthaltsraum mit Spielen und Reliefkarte so wie
der Wanderführe es beschreibt, hat man wohl abgeschafft und auch die
versprochene Saune sucht man vergeblich.
So machen wir uns heute Morgen um acht auf den Weg in Richtung
Piacenza.
Gefrühstückt wird in der ersten Bar im Ort, wobei das
italienische Frühstück aus Cappuccino, Tee und zwei Croissants besteht.
Verlaufen kann man sich heute nicht, es geht nur kleine
Landstraße von Dörfchen zu Dörfchen. Sehr trist. Da freut man sich, wenn eine
Oma Buon Camino wünscht und sich nach unserer Herkunft erkundigt oder ein Mann
auf einem Rad uns als Pilger erkennt und den Weg nach Piacenza weist.
Die Stadt ist dann
auch schnelle gegen 11.00 Uhr erreicht , es dauert aber noch gute fünf
Kilometer bis man im Zentrum ist, Autohäuser, Tankstellen, MC Donald,
Nachtclubs und wieder Autohäuser. Viel Gestank und noch mehr Lärm. Als Autofahre ist einem das gar nicht so
bewusst, geht man aber selbst durch solch ein Industriegebiet zu Fuß, atmet man
nur Dreck.
Gestern dachten wir noch, die Alpini im Hotel machen so eine
Art Jahrgangstreffen, anscheinend ist es aber ein ganz großes Spektakel, was
hier in den nächsten drei Tagen abgeht. Alpini wo man geht und steht, es werden
Bierzeltgarnituren aufgebaut, Häuser und Straßen sind mit Grün-Weiß-Rot
geschmückt, von den Dächern der Bars und Cafés prangen große grüne Hüte. Selbst
die Kinder laufen mit dieser Kopfbedeckung herum. Daher ist es auch nicht
verwunderlich, wenn man im Zentrum von den vielen Sehenswürdigkeiten gar nicht
viel mitbekommt. Alles ist zugestellt mit Festzelten und Verkaufsständen, an
denen man blaue T-Shirts, grüne Hüte und bunte Luftballons kaufen kann. Selbst
die Kirchentüren sind mit dem Logo der Alpni geschmückt.
Wir suchen die Tourismusinformation und möchten die Damen
bitten, uns für morgen in der Abbazia in Chiaravalle della Colomba anzumelden. Die sind aber total überforder
mit den Alpini, die noch ein Hotel suchen und daher auch nicht gerade
freundlich, Wir Pilger werden einfach links liegen gelassen und sollen halb
eins nochmal wiederkommen. Ich bin sauer
und humple unverrichteter Dinge davon, lass mich auf eine Bierzeltgarnitur
nieder und von meinem Mann
blasentechnisch versorgen. Zuvor haben wir mal wieder ein Vermögen in der
Farmacia gelassen, um uns mit Blasenpflaster, Herpes Pflaster, Labello und
Desinfektionstüchern einzudecken. Eine
Nadel und Faden werden sterilisiert, die Blase wird aufgestochen, der Faden
durchgezogen und das Ganze mit Blasenpflaster und dem guten Leukoplast
verklebt, so dass der Faden rechts und links noch herausschaut und somit wie
eine Drainage wirkt.
Dann gibst noch Panini und weil heute Männertag ist zu
Mittag schon ein Bierchen und selbst auf die Toiletten im Café darf man nicht
mehr, man soll die öffentlichen nutzen, was ich mir verkneife. Hier scheint
alles verrückt zu spielen. Man bereitet sich auf ein Riesenspektakel vor,
Oktober- und Weinstraßenfest in einem.
Bei meinem zweiten Anlauf im Tourismusbüro habe ich dann
endlich Erfolg und man zeigt sich gnädig, das mit der Unterkunft geht klar und
nun soll ich mich auch in eine Pilgerliste eintrage.
Trotzdem sind die Bediensteten des Tourismusbüros in
Piacenza Pilgern gegenüber sehr überheblich, wie ich finde.
Ohne große Besichtigungen geht es also Richtung Montale, das
gehört fast noch zu Piacenza. Wieder
vier Kilometer durch Lärm und Abgase.
Immer mehr Alpini strömen in die altehrwürdige Stadt. Mit geschmückten
Autos laut hupend und aus Lautsprechern tönt la Montanara.
Als wir schließlich die Herberge erreichen, machen wir uns
keine besondere Hoffnung auf eine schöne Unterkunft. Den Schlüssel gibt’s wie
immer in der Bar, die Bardame schickt uns zur Zeitschriftendame nach nebenan,
die wieder zur Bardame. Prost Mahlzeit. Als wir schließlich die Herberge betreten,
sind wir beide positiv überrascht. Das nennt man mal eine pilgerfreundliche,
nette saubere Unterkunft.
Sie ist in der aus dem 12. Jahrhundert stammend Kirche
untergebracht, besteht aus großer Küche, einem Einbettzimmer mit sauberem Bad
unterm Dach, einem Vier- und Zweibettzimmer und Bad im Obergeschoss und einer
Küche im Erdgeschoss. Man hat Durchgang zur Kirche und wir nehmen das Vierbettzimmer
in Beschlag. Im Gästebuch sehen wir, dass Markus vor zwei Tagen auch hier war,
man, legt der Strecken zurück. Demnach
muss er an einem Tag die Strecke Pavia – Piacenza am Stück gelaufen sein.
Pater Silvio kommt und wir machen ein Schwätzchen. Ein
hübscher junger Pfarrer, der uns seine kleine Kirche zeigt und auf die baulichen
Besonderheiten hinweist. So ist San Pietro viermal gespiegelt, was einem erst
auffällt, wenn man es weiß. Architektur
scheint seine Leidenschaft zu sein, er zeigt uns den Fußboden, alte Säulen und
nach 20 Minuten verabschiedet er sich mit dem Hinweis, dass heute noch drei Alpini
mit hier übernachten werden. Die Einwohnerzahl
Piacenzas beläuft sich auf 300.000, die Anzahl der Alpini, die am Wochenende
hier her strömen auf 400.000.
Nach Duschen und Blasenversorgung, nutzen wir heute die
Gelegenheit einer eigenen Küche und kochen und Nudeln mit Basilikum Pesto und
geriebenen Peccorino. Als Dessert gibt es Joghurt aus dem Supermarkt gegenüber.
Da wir morgen wieder früh rauswollen, geht’s jetzt schnell
ins Bettchen und vielleicht sind wir schon weg, wenn die Garde hier
einmarschiert.
Erkenntnis des Tages: Grüner Hut und Feder – wird wohl ein Alpini
sein !
Vielen Dank für die netten und aufbauenden Kommentare, die
machen wirklich Mut und wir freuen uns über jeden Zuspruch. Per Handy können
wir sie auch immer gleich lesen und wenn man gerade unterwegs ist, macht es
wieder richtig Laune, weiterzulaufen.
Grazie !
Kirche und Ostello S. Pietro in Montale
im Ostello
mit Don Silvio
Ha ha, ich erkenne die Decke des Bettes. Everdiene
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