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12.05. von Cappezano- Pianore nach Lucca, 31 km
12.05. von Cappezano- Pianore nach Lucca, 31 km
La Nuova Selvaiana, 45,- Euro HP
Heute Morgen haben wir beide Mopslaune, ich noch mehr als
er.
Schlecht geschlafen auf den Europaletten, auf denen eine Matratze
lag. Es hatte geregnet, im Gartenhäuschen ist alles feucht und ich hasse es,
morgens in kalte und noch klamme Sachen zu schlüpfen. Er hat Rücken, ich hab Herpes.
Im Sommer mag das ja hier recht nett sein, wenn den
ganzen Tag die Sonne auf das Haus scheint und es trocken ist. Auf der Veranda gibt’s
sogar ne kleine Küche, da könnte man schön nichtvegetarisch kochen.
Aber heute ist es einfach nur ungemütlich und wir wollen
weg.
Kaffee hat Pina nicht als sie uns im rotem Bademantel in ihrer
Küche willkommen heißt. Bei ihr gibt es nur Tee, der ist genauso rot wie ihr Bademantel,
dazu die restlichen Brotscheiben von gestern Abend mit Sojabutter und
selbstgemachtes Nutella. Das sei rein vegetarisch, erklärt sie uns. Ist Nutella nicht sowieso vegetarisch?
Alberto stapft in Gummistiefeln durch den Garten.
Der Bio-Garten ist, wie soll ich es ausdrücken, sehr interessant,
stellenweise naturbelassen und in vielen Ecken gibt es sehr viel zu entdecken.
Und genauso in der Küche, in vielen Ecken steht und liegt
viel rum. Deshalb findet Pina auch den Stempel nicht. Aber feinsäuberlich schreibt sie dann mit roter Tinte in den
Pilgerpass.
Die beiden Gärtner leben in ihrer eigenen Welt. Pilger
kommen hier selten vorbei, an unserem Vorhaben sind sie kaum interessiert, ihre
Tomaten sind ihr ein und alles. Zumindest kommt es mal so rüber.
Für die Nacht im muffligen Gartenhäuschen mit den wenig
sauberen Sanitäranlagen müssen wir 10,- Euro pro Person berappen und auch nur
deshalb, weil wir ihr gezeigt haben, dass im Wanderführer „nur“ 10,- Euro
stehen, denn kleine Geschäftsleute sind sie schon. Für das gesunde Abendmahl
nochmals 10,- Euro pro Person, und 2,50 Euro für den roten Tee und die
Sojabutter. Ach ja, und selbstgemachten Käse aus Sojamilch gab es auch noch,
schmeckte gruselig.
Wie gesagt, bei Sonnenschein und trockenen Klamotten
morgens wäre unsere Sicht vielleicht etwas anders.
Und ein bisschen gebe ich auch mir die Schuld, für den
Ruhetag in Lucca habe ich aus drei Tagesetappen zwei gebastelt und so sind wir
hier gelandet. Übrigens gibt es 100 m unter der Gärtnerei jetzt ein kleines
hübsches Gästehaus. Weil wir so beeindruckt vom Türschild „Mr. und Mrs. Smith“
waren, wollten wir nach unserer Herum-Irrerei gestern Abend schon hier klingelten.
Hätten wir es getan, sähe vielleicht heute Morgen die Welt ganz anders aus.
Die sauberste und herzlichste Unterkunft war bisher in
Aulla, am tollsten bekocht wurden wir von Almas in Fornovo, soviel können wir
bist jetzt schon mal zusammenfassen.
In Camaiore jedenfalls gibt es einen Cappuccino und ein
ungesundes Brioches. Dann lässt mein Mann seine Fototasche am Brunnen liegen,
aber ein netter Italiener bringt sie in die Bar.
Wir gehen mal Straße, mal Wanderweg. Die schöne Sicht
bleit zunächst aus.
Zwischendurch gibt es mal eine Pause und im Alimentari
kaufen wir ungesunde Brötchen und Wurst und richtigen Käse.
Wieder hält ein Mann mit seinem Wagen, bietet uns Wasser
und eine Unterkunft an.
Unser Ziel heute heißt aber Lucca.
In Valpromaro steht gleich am Ortseingang ein Plakat, das
mit der hiesigen Pilgerherberge wirbt. Ein junger Mann ruft: “Pellegrini!“ und
fragt, ob wir die Unterkunft suchen. Nein, Lucca soll es heute sein. Ich darf
selbstverständlich die Toilette benutzen und bereue es ein bisschen, nicht hier
bleiben zu können. Alles sieht super aus und die Hospitalieros sind nett und
freundlich. Es gibt laut Plakat ein Gemeinschaftsessen und eine Waschmaschine
und alles mit Donation.
Also, man sollte sich die Strecke Marina di Massa-Pietrasanta-Valpromaro-Lucca
genauso einteilen, wie sie im Führer beschrieben ist, dann liegt man preislich
günstig und hat es dazu wahrscheinlich trocken und bequem.
Wenig später begenen wir einem jungen italienischen Pilger
namens Antonio, er überholt uns und weiß schon, dass wir aus Deutschland
kommen, denn die Jungs in Valpromaro haben es ihm schon erzählt. Antonio läuft
nach Assisi und heute heißt auch Lucca sein Ziel.
Als die Sonne heraus kommt, sind wir schon ist Piazzano,
rasten auf einer Kirchenbank und genießen jetzt die Aussicht auf die doch recht
hohen toskanischen Hügel. Da kommt plötzlich das andere deutsche Paar daher,
welches gestern kurz nach uns an Utes Haus vorbeimarschierte. Sie sind etwa in
unserem Alter und in ihrer Heimatstadt Nürnberg losgelaufen, wie wir gehen sie
auch seit mehreren Jahren abschnittsweise auf der VF und wie bei uns heißt ihr
diesjähriges Ziel auch Siena. In Lucca bleiben sie aber nur heute, also sind
sie uns dann einen Tag voraus. Sie ziehen weiter und wir warten noch bis wir
ihnen folgen. Da wir uns dann aber gegen den „alpin, einen steil abfallenden
Bachbett ähnelnden“ Weg entschließen und eine nicht minder steile kleine
Asphaltstraße hinunter gehen, sehen wir die beiden nicht mehr.
Es dauert nicht lange und man erreicht die ersten Vororte
von Lucca. Es dauert aber sehr, sehr lange bis man dann die Stadt erreicht, die
Ponte San Pietro überquert und ab hier den Weg am Fluss entlang laufen kann.
Auch dann ist die Altstadt immer noch nicht erreicht.
Als es uns zu langweilig wird und immer noch keine
Altstadt in Sicht ist, queren wir wieder zur Straße mit Fußweg und es ist so
ähnlich wie in Piacenza, man geht erst durch viel Stadtgebiet mit viel Verkehr
und viel Lärm bis man endlich durch die Porta San Donato die Altstadt betritt. Und
heute brennen die Fußsohlen. Bis zum Ostello ist es nicht mehr weit. Es
befindet sich gleich neben der Kirche San Frediano.
Luccas Altstadt ist sehr schön. Mit vielen Plätzen und
Plätzchen und noch mehr Gassen. Mit genauso viel Touristen und mit Reiseführen
mit bunten Schirmen, denen im Eiltempo die Reisegruppe folgt. Bei der Fülle an
Schuhgeschäften und Souvenirläden, an Restaurants und Bars kann man hier
schnell vom Pilger zum klassischen Touristen werden. Es wäre besser gewesen,
die 15 km von Valpromaro nach Lucca zu laufen und die Stadt zu durchlaufen und
später in einem normalen Urlaub die Stadt zu erlaufen.
Beide sind wir kaputt und wollten eigentlich nach dem
Duschen gleich ins Bett, morgen ist auch noch ein Tag. Aber wir haben wirklich
Hunger und landen schließlich im Restaurant Puccini, dessen Geburtsstadt Lucca übrigens
ist. Wir belohnen uns mit Fleisch und Nudeln und Wein und Espresso und
begleitet wird das Ganze mit Arien aus Turandot und Tosca. Nicht dekadent !
Nach dem Auslesen des Tracks waren es heute 31,2 km in 10
Stunden und 46 Minuten.
Erkenntnis
des Tages: Gescheites Essen braucht der
Mensch.
Piazzano
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