15.. Mai 2024, Ollieres – Puyloubier
Zwei Jäger im Cheep halten vor uns, ein kurzes Woher und Wohin und Bon Courage und wir sind allein. Es ist bedeckt und hat sich merklich abgekühlt. Und man geht einfach, setzt einen Fuß vor den anderen, muss kaum auf Wegweiser achten, weil es nur geradeaus geht.
Irgendwann überqueren wir den Canal de Provence und finden tatsächlich ein winziges Bänkchen im Wald, um zu rasten. Als der Weg steinig wird kommt mein Mann mir entgegen und nimmt mir kurz, damit aus der Obst- keine Mittagspause wird, den Rucksack ab. Wir scherzen und sind eigentlich gut drauf. Es regnet nicht, das ist schon mal die halbe Miete, und man muss heute auch nicht Schatten suchen, das ist schon mal die andere Hälfte.
Kurz vor dem Städtchen Pourrieres verlassen wir den Wald und es geht wieder zwischen den Weinbergen entlang. Auch hier entdecken wir erfrorene Rebstöcke, die aber schon wieder Grün angesetzt haben. Schon wird’s ein bisschen langweilig, ich suche auf meinem Handy die Musikdateien und wir lassen uns passend zu Frankreich von den Chansons von Edith Piaf im Walzertakt unter dem wolkenverhangenen Himmel durch die Weinberge der Provence tragen.
Und genau so hab ich es mir vorgestellt, zu Mittag betreten wir Pourrieres, finden ein kleines geöffnetes Dorfrestaurant, es gibt Plat du Jour und einen Kaffee. Als eine ältere Dame uns bemerkt, spricht sie mich an und, soweit ich sie verstehe, erzählt sie, dass sie vor vielen Jahren auch nach Santiago gepilgert ist und ihre Augen glänzen dabei. Gestärkt wird stramm weiter gewandert. Und siehe da, jetzt kommt die Sonne raus und es geht nur im Shirt weiter. Auf einem kleinen Asphaltsträßchen verlassen wir den Ort und sehen in der Ferne bereits Puylobier, im Hintergrund die Montagne Sainte Victoire, die Berge, die Cezanne zu unzähligen Bildern anregten.
Kurz bevor wir den Ort erreichen, zieht ein Gewitter auf. Das ist für mich fast noch schlimmer als freilaufende Hunde. Wir legen einen Schritt zu. Mitten in der Stadt finden wir allerdings auf die Schnelle kein Cafe , in das wir flüchten könnten und als der Platzregen kommt, finde ich schnell Zuflucht in der Marie, wo ich auch gleich die Gelegenheit ergreife, den Pilgerpass abstempeln zu lassen. Mein Man geht mir verloren. Ein paar Männer, die am Dorfbrunnen boulen, nehmen ihn unter ihre Fittiche und schleppen ihn mit in ein so typisches altes Waschhaus zum Unterstellen. Das dauert aber nicht lange, als der Regenguss vorbei ist, ziehen wir wieder gemeinsam auf der Avenue Cezanne weiter, die genau nach Aix-en-Provence geht. Hier an dieser Straße befindet sich unsere Unterkunft für heute. Wieder sind wir ganz allein. In der Nähe gibt’s keinen Supermarkt und manchmal denke ich, statt einer Vinothek, einem Chateau oder Weinverkauf wäre ein Getränkehandel vielleicht angebrachter. Zum Glück hatten wir ja gestern den Großeinkauf und die nun über fast zwei Tagesetappen neben unseren schweren Rucksäcken in Einkaufsbeuteln transportierten Lebensmittel finden heute Abend reißenden Absatz. Mein Göttergatte zaubert, während ich mal wieder große Handwäsche mache und blog schreibe, das Abendessen in Form einer Salami-Käse-Platte, mit Baguette und Butter, selbst die Oliven und Tomaten haben die Wanderung überstanden. Auch das halbe Kilo Äpfel, die Bananen und die Erdnussflips-Tüte. In der Küche finden wir Teebeutel und im Kühlschrank Eiswürfel. Mann meint gar nicht, wie lecker Teebeuteltee mit Eiswürfeln schmeckt. Draußen regnet es und ab und zu hört man noch Donnergrollen. Morgens soll es nach Aix-en-Provence gehen und hier gibts einen Ruhetag und eine Waschmaschine. Hurra!
Erkenntnis des Tages: Es muss nicht immer was passieren!
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