Freitag, 12. Mai 2017

Tag 14, 11.05.2017, von Montelupo nach Ponte a Capione


11.05.2017, von Montelupo nach Ponte a Capiano, 27 km



Hotel I‘Fiorino, in Montelupo Capraia, 65,- Euro DZ ÜF





Nach einer geruhsamen Nacht geht’s zum Frühstück, das kleine Familienhotel bietet sogar ein Frühstücksbuffet mit Wurst, Käse und Eier.


Hotel in Montelupo

Am Nachbartisch sitzt ein junger Magdeburger Biker, der heute nach Florenz radeln will, er macht eine Toskanatour. Für uns geht es heute auf die Via Francigena. Wir ziehen westwärts und erreichen kurz hinter Montelupo den 11. Meridian Ost, wussten wir selbst nicht, was doch für geografische Überraschungen auf solch einem Weg auf den Pilger warten.




Hier in der Gegend sind viele Radler unterwegs, deshalb verwundert es uns auch nicht als wir in Limite sull Arno eine Bayrische Löwenbräu-Bierstube genau am Radweg entdecken, doch für Weißwurst und Hefeweizen ist es noch zu früh.



Dafür gibt es Gelati.



Wir folgen der Muschel auf einem Dammweg, können in der Ferne San Miniato Alto sehen und werden kurz vor Fucchecio von einem Cafe-Besitzer gefragt: „Francigena ?“ Sind also jetzt auf dem richtigen Weg. Meinem Mann hüpft das Herz als er den ersten Wegweiser sieht, meins dagegen hängt noch in den Wäldern von Assisi. Wir merken, dass es nicht gut ist, unmittelbar nach dem Franziskusweg auf die VF zu wechseln.








Es ist, als käme man aus dem Paradies in die harte Wirklichkeit. Eine ältere Frau, die vorm Hauseingang sitzt ruft mitleidig: „Caldo.“ (warm) Ich nicke, ja es ist schwül und auch alles ein bisschen schmuddelig, der Müll am Straßenrand nimmt zu, der Verkehr auch. In einem Supermarkt verschlingen wir eine halbe Melone und es geht jetzt auf den Dammweg bis Ponte a Capiano.



Und jetzt beginnt ein italienisches Pilgerdrama. Habe für uns im Ostello zwei Betten reserviert und die Rezeptionistin in Montelupo hat heute morgen extra nochmals angerufen und uns angemeldet. Wir gehen also ins Ostello. Da ist ein Höllenlärm, den die 4 Kiddis einer italienischen Familie, die jetzt offenbar hier lebt, veranstalten. Die Mutter kann sie nicht bändigen. Eine englische Pilgerin ist bereits hier. Es riecht furchtbar nach Knoblauch. Die italienische Familie hat die Gemeinschaftsküche blockiert.

Noch bevor mein Mann das aber mitkriegt, ist er ab in den Alimentari, er möchte heute Abend wieder selbst kochen. Ich lass unsere Rucksäcke im großen Aufenthaltsraum und will mir die Zimmer ansehen. Es muss einmal eine schöne große Herberge gewesen sein, mit Küche, Bädern, vielen Zimmern und einem Gemeinschaftsraum. Wir wissen ja, dass manche Kommunen bedürftige Familien manchmal in solchen Einrichtungen wohnen lassen, aber weder im E-Mail-Verkehr noch morgens am Telefon war je davon die Rede, dass die Herberge als solche gar nicht mehr existiert.

Ich finde das Bad und weiß genau, dass wir hier nicht duschen werden. Solch einen vereuphten Duschvorhang habe ich noch nie gesehen. Wir müssen hier weg. Gehe über den Marktplatz und halte Ausschau nach einem Hotelschild oder ähnlichem. Unterdessen kommt mein Göttergatte mit vollen Einkaufsbeuteln an, ist stolz mit seinen drei 0,75 l Morettiflaschen und dem Pfund Schinken.

Ich pflaume ihn voll, dass er sich bevor er loszieht doch gefälligst erstmal Küche und Bad ansehen sollte. Der Ärmste kann ja auch nichts dafür, ich hätte gründlicher recherchieren sollen. Jetzt ist guter Rat teuer. Die Rezeption ist immer noch nicht besetzt und wir rufen die Telefonnummer an, der Mann erzählt uns was vom Pferd, ich höre nur die Worte "Campanile" und  "Maria"  heraus, dann legt der Typ auf. Jetzt stehen wir wie bedäppert da, mit unserem Einkaufsbeutel voller Bierflaschen und googeln, Hotels in der Nähe. In 3 km soll es ein Hotel geben, wir werden das Bier verschenken und los ziehen, es ist noch hell, aber was bitte ist ein Stundenhotel ?

Jetzt reicht´s, ich rufe nochmal die Nummer an, gebe der italienischen Mutter das Handy, die treffe ich in einem der Pilgerzimmer an, zwei Kinder sitzen im Hochstuhl vorm Fernseher, die große Tochter auf dem Doppelstockbett und die kleinere macht im Aufenthaltsraum Hausaufgaben. Sie redet laut, der Typ am Telefon noch lauter, zwischendurch muss die Tochter im Doppelstockbett vom Italienischen ins Englische übersetzen. Aha, mit Campanile ist das Turmzimmer gemeint und Maria ist die Rezeptionistin, die soll gleich kommen. Bevor er jetzt wieder was falsch macht, schickt mich mein Mann hoch, um das Quartier in Augenschein zu nehmen. Und siehe da, hier gibt es neun Betten mit sauberen Laken, eine Toilette und ein Waschbecken.



Jetzt kommt auch Maria, wir schlappen mit ihr also wieder auf die gegenüberliegende Straßenseite, damit sie im Büro die Quittung ausstellen kann, in der Zeit, in der wir vom Ostello ins Turmzimmer, wieder herunter und ins Büro schlendern, wären wir  dreimal im Stundenhotel gewesen. Jetzt find ich es schon fast lustig. Maria kommt wieder mit zurück, gibt uns Handtücher, die ich für 20,-Euro p. P. Übernachtung verlange. Die Engländerin sitzt an einem Tisch, beobachtet stoisch das Treiben, die italienische Mama zofft sich im gleichen Raum mit ihrem Alten, der die Türen schlägt und nebenbei läuft wie in allen öffentlichen Räumen in Italien der Fernseher mit ohrenbetäubender Lautstärke.

Jetzt kommt noch ein junger Italiener mit Koffer in die Herberge, der hier offensichtlich schon bekannt ist und sich ein Donnerwetter von Maria und der italienischen Mutter anhören muss. Der nimmts gelassen und bietet sich uns als Dolmetscher an. Wir möchten zunächst einmal wissen, wie die Turmkemenate zu verschließen ist, von Innen mit einem Riegel, geht aber nur wenn beide drinnen sind, wenn wir nochmal weg gehen, muss die Tür eben offen bleiben, die Haustür steht immer auf. Ist jetzt auch egal, Brustbeutel und Kamera sind am Mann und an der schmutzigen Wäsche im Rucksack wird sich niemand vergreifen. „Die Dusche ist schmutzig“, sage ich, das weiß er, antwortet er traurig, er soll fragen, ob wir im Keller die sauberen Duschen nutzen können. Keine Ahnung, ob Maria nur so tut oder tatsächlich so verpeilt ist. Jedenfalls gibt’s für den jungen Mann wieder eine Standpauke bis er sagt: „Macht, was ihr wollt, ist scheißegal.“ Hier scheint man mit Pilgern gar nicht mehr zu rechnen.


Also bewacht mein Göttergatte unterm Dach unser Gepäck, während ich im Keller dusche und dabei immer das Gefühl habe, gleich käme jemand Psycho-like und würde mich abmurksen. Was für ein Saftladen. Wir setzen uns dann in den Aufenthaltsraum, trinken drei Flaschen Moretti und laden Salafad, so heißt der Übersetzer, der jetzt auch frisch geduscht mit sauberer weißer Unterwäsche hier herum tänzelt, dazu ein. Ich frage ihn, ob im gegenüber liegenden Haus, in welchem auch Pilgerzimmer sind, Flüchtlinge leben, woraufhin er antwortet, nein, die kämen alle nach Deutschland, dort drüben leben Bürger aus dem Dorf.

Salafad erzählt uns, dass er auch so was wie ein Pilger  sei, er ist nämlich Autohändler und mal hier mal da.

Als wir später aus der Pizzeria zurückkommen, sitzen noch weitere zwei Autohändler frisch gewaschen in Unterwäsche im Gemeinschaftraum. Wo sind wir hier nur hin geraten ?


Erkenntnis des Tages:  Autohändler sind auch nur Pilger.


Tagesvideo


1 Kommentar:

  1. Hallo zusammen
    geht mal auf meine HP
    http://frot44.de.tl/Start.htm
    ihr werdet staunen was wir gemacht haben
    grus frot44

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