Mittwoch, 8. Mai 2024

 08. Mai 2024  St. Raphael – Puget sur Argens 


 
Den gestrigen Tag verbrachten wir mit Urlaub machen. Ursprünglich war ja ein Ausflug nach Nizza geplant, nachdem wir im vergangenem Jahr nur von unserem Höhenweg  auf die Stadt hinunter schauten. Aber wir faulenzten, schlenkerten durch das wirklich hübsche St. Raphael am Mittelmeer, besuchten einen Trödelmarkt, auf dem nichts zu kaufen schwer ist, weil das Rucksackgewicht so schon mit 9 und 8 kg ohne Wasser grenzwertig war.
Und als wir im Riesenrad saßen, um von oben schöne Bilder machen zu können, befiel mich plötzlich Panik und ich befahl regelrecht  der jungen Bedienerin zu stoppen, kletterte hinaus mit zitternden Händen und einem wahrscheinlich 180 Puls. Keine Ahnung, was über mich kam, selbst mein Mann war ganz erschrocken und forderte mich auf, immer schön tief durchzuatmen. Der Trödelmarkt bot dann erhoffte Abwechslung und weil ich nicht leer ausgehen wollte, kaufte ich mir ein kleines Geschirrhandtuch.
Unterhalb des Riesenrades war ein großes Transparent aufgestellt, von dem wir erfuhren, dass heute wohl ein Schiff mit der  olympischen Fackel im Hafen von Marseille anlegt und die Fackel übermorgen durch St. Raphael getragen wird. Am Strand waren etliche Sandskulpturen zum Thema gebaut wurden. 


 

Und weil heute unser letzter Tag am Meer ist, lassen wir es ruhig angehen, sehr ruhig. Bis kurz vor zwölf tummeln wir uns am Strand herum, dort gibt es, wir haben kaum 500 m zurück gelegt, die regelmäßige Obstpause und viele Schnappschüsse. 


 


Obwohl wir eigentlich am Hafen von St. Raphael ins Landesinnerer abbiegen müssen, laufen wir bis zum Hafen von Frejus, hier müssen wir uns nun wohl oder übel von dem nach wie vor azurblauen Meer verabschieden und Richtung Puget abbiegen. Unterwegs spricht mich eine ältere Dame auf französisch an, ich verstehe nur Saint Jaques de Compostelle und bejahe nickend, oute mich als Deutsche und sie berichtet mir, dass sie vor zwei Wochen vom Jakobsweg in Spanien zurückkehrte und wünscht mir bon Camino. Das sind sie wieder, diese Begegnungen mit den Menschen am Weg, die uns einfach so ansprechen, erzählen und interessiert fragen, alles Gute wünschen und manchmal auch staunen. Das tut gut.
Ein wehmütiger letzter Blick zurück zum Meer und den Strand, an dem sich heute zum französischen Victory Day viele einheimische Familien unbeschwert tummeln und schon durchqueren wir eine Wohnsiedlung, verlassen die Küste und sind bereits an der Stadtmauer von Frejus. 

 Es wird heiß und wir erkennen, dass wir an den kommenden Tagen morgens früher los müssen, um der Mittagshitze etwas zu entfliehen, denn nicht immer wird mich mein Göttergatte, so wie heute, zum internationalen goldenen MC auf ein Eis einladen können. Auch das tut gut. Als wir schließlich durch ein altes Stadttor treten, fühlen wir uns wie in einem Italienurlaub, mit Gassen und Gässchen, mit hübschen blumengeschmückten Plätzen mit Brunnen und Kirche. Es duftet nach Bouillabaisse und man stolpert regelrecht von einer Bar und von einem Cafe ins nächste.


 

 Frejus hat eine hübsche Altstadt und ist bestimmt mal einen Ausflug bei einem „normalen“ Urlaub wert. Nach einer weiteren Pause verlassen wir die Stadt in Richtung Amphitheater, überqueren eine Autobahnzubringerbrücke und laufen einen breiten staubigen Weg an einem kleinen Fluss entlang. Ich bekomme eine kleine Lektion in Kräuterkunde und muss an wildem Fenchel riechen. Es wird heiß. In den Seitentaschen des Rucksacks ist genügend Wasser, aber wenn man so im Trott läuft, keine Bank und kein Schatten weit und breit auszumachen ist, kann man sich nicht so richtig durchringen, den Rucksack abzusetzen, die Flasche hervor zu holen, wieder zu verstauen und das Ungetüm wieder mit Schwung aufzusetzen. Im Schatte eines verlassenen Hauses mitten in der Pampa lassen wir jeder eine Cola in uns hineinlaufen, beobachten ein paar weidende Pferde und ein Poloturnier. Der Ort Puget begrüßt uns wie so viele Ortseingänge mit Industriegebiet, die nächste Bar lässt auf sich warten und als wir ankommen, will man gerade schließen. Die junge Wirten sieht unsere roten Köpfe, erschrickt wohl ein bisschen und als ich ihr erkläre, dass wir gerade zu Fuß von St. Raphael kämen, bietet sie uns Platz und Wasser an. Schnell ist die Flasche geleert und als wir nach dem kürzesten Weg zur Herberge frage, schließt sie die Bar nun doch ab und bietet sich an, uns bis zur Gite zu begleiten, dann sie wohne gleich daneben. Emma, so heißt sie, fragt mich auf dem Weg dorthin, ob uns auf unserem Pilgerweg auch schon mal was Spirituelles begegnet sei, mein Mann legt einen Schritt zu, das sind keine Gespräche für ihn, und ich berichte ihr, dass das eigentlich oft passiert, z.B. immer, wenn uns fremde Menschen helfen, so wie sie.  
Wir nächtigen heute in eine kommunalen Pilgerherberge, zu der uns die Angestellte der Marie, des Bürgermeisterbüros, den Türcode gemailt hat. Emma bleibt auf meine Bitte noch so lange stehen, bis wir sicher sind, dass sich die Tür auch öffnet, sonst bräuchten wir nämlich jemanden, der uns beim Dolmetschen hilft, aber zum Glück funktioniert das mit der Tastenkombination und wir haben drei Doppelstockbetten, zwei nigelnagelneue Bäder und eine große Küche für uns. 

 Die Restaurants haben heute alle geschlossen, das ist hier so, am 1., 8. Und 20. Mai, ferme (geschlossen). Aber mein Mann ist da erfinderisch, aus nichts kann er tolle Mahlzeiten zubereiten, ein kleiner Tante-Emma-Laden hat geöffnet, er kauft Baguette und Thunfisch und eine Packung Wienerle gibt der Rucksack noch her. Also gibt’s heute Wienerle mit Baguette und Thunfisch mit Nüssen. Wir bleiben allein und beschlagnahmen alle drei Betten und mir bleibt es nach wie vor ein Rätsel, wie das ganze Equipment morgens immer wieder in den beiden Rucksäcken verschwindet.
 
 
 
 
Erkenntnis des Tages:  Wir müssen mehr trinken.






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