12. Mai 2024, Abbaye du Thoronet – Cotignac
Als wir gestern Abend so schön einsam und zufrieden auf der Terrasse saßen und Tarte und Schokoladenkuchen genossen kam eine Mail des Foyer in Cotignac, das ist eine Art kirchliches Familienferienlage, bestehend aus mehreren Bungalows, wo Familien oder Pilgergruppen übernachten und eine Auszeit nehmen könne. Hier hatte ich schon vor einigen Monaten ein Zimmer mit Halbpension reserviert und angezahlt und jetzt sagen sie ab, da sie eine größere Pilgergruppe übers Wochenenden aufnehmen. Man hat uns allerdings bereits ein Pilgerzimmer in der Stadt bei einer deutschen Frau organisiert und teil uns die Telefonnummer mit. Ich rufe also bei Madame Christine Phillippon an und gebe ihr die ungefähre Ankunftszeit durch und sie beschreibt mir ihr Haus. Allerdings bietet sie keine Halbpension an und nimmt wirklich nur Pilger auf, wir könnten aber die Rucksäcke abstellen und in Cotignac gäbe es viele Restaurants. Woraufhin ich ihr sage, dass wir eigentlich nach der Ankunft nur duschen wollen und dann meist müde ins Bett fallen, wenn man fast 20 km gelaufen ist. Woraufhin sie wiederum erstaunt ist, dass wir zu Fuß kommen. Lange überlege ich, pilgern, zu Fuß, das passt doch. Bis mir die, wir nannten sie damals Edelpilger, von der Via Francigena einfallen, die per Bus die Pilgerorte abklappern oder Buspilger, die geführte Pilgerfahrten machen. Die werden uns wahrscheinlich auch den Platz im Foyer streitig gemacht haben. Sei es drum, dann geht’s halt zu Madame P. mit einem süddeutschen Dialekt und wir sind auch froh, uns auf deutsch unterhalten zu können.
Das Frühstück ist self made, Butter, Joghurt, Käse, Obst sind im Kühlschrank und in der Brottrommel liegt frisches Baguette, Kaffee brüht mein Mann in großen Kaffeeschalen auf und wir gehen den Muttertag recht langsam an. Sind wir gestern über den Souvenirshop des Klosters in die Anlage gekommen, müssen wir heute über ein stählernes Tor hinaus, den Code hierfür bekamen wir von Annuncia. Der Koloss öffnet sich automatisch und fährt hinter uns wieder zu. Die Schwestern bekommen wir am Morgen nicht mehr zu sehen. Da wir nun schon an dieser berühmten Abtei sind, wollen wir sie auch besichtigen, werden aber in der Billeterie von einer energischen Dame zurück gewiesen, mit Rucksack dürfen wir nicht hinein, sie öffnet uns zwei gläserne Schließfächer, die aber viel zu klein für den Rucksack sind und den Ratschlag, wir sollten doch die Rucksäcke auspacken und den Inhalt auf mehrere gläserne Schließfächer verteilen, lehnt mein Mann strikt ab. Wir haben schon so alle Not, morgens immer alles zu verstauen und sind froh, wenn bei letzten Zimmercheck uns nur noch ein vergessenes Ladegerät aus der Steckdose anlächelt. Etwas frustriert ziehen wir dann schon ab, soll doch die wieder aufgebaute Zisterzienserabtei sehr schön sein. Da wir im Kloster leider keinen Empfang hatten, nutzen wir halt jetzt die schönen Sitzgelegenheiten am Klosterkiosk und laden unseren blog hoch, bevor es dann, schon wieder ziemlich spät, Richtung Carces geht. Dieser Ort liegt am Pilgerweg, bot aber trotz intensiver Suche keine bezahlbare oder überhaupt eine Unterkunft, auch Le Val, der darauffolgende Ort, nicht. So dass wir eben auf das Foyer Notre Dame in Cotignac, 10 km nördlich von Carces, ausweichen mussten und heute eben bei der bayrischen Madame schlafen werden. Wieder laufen wir ein kleines Asphaltsträßchen entlang, wieder wird es sehr warm, wieder rechts und links Weinberge, aber nicht so wie bei uns, die hier sind viel kleiner und fast alle mit Elektrozaun umgeben, wieder keine Bar weit und breit. Wir sind ganz allein auf dem Sträßchen und es ist schon ein bisschen meditativ, einfach zu laufen und nur deine Schritte zu hören.
Manchmal weist ein großes Werbeplakat oder Schild am Straßenrand zu einem Chateau oder einem Lokal oder einem Supermarkt und erst jetzt wird einem bewusst, dass die Zeitangaben darauf, für Autofahrer gemacht sind. Da klingen 5 oder 10 oder 15 Minuten oder 800 m nicht weit, sind aber für einen zu Fuß Laufenden eben 800 m hin und 800 m zurück, das überlegt man sich dann schon.
Irgendwann am Eingang von Carces taucht ein Campingplatz auf, hier wollen wir uns mal hinsetzen und Wasser auffüllen. Der Platz ist aber nur mit Code zugänglich und als ein Mann mit einem Rasentrimmer heraus kommt, bitte ich ihn, uns hinein zu lassen, wir wollen ja nur ein paar Minuten im Schatten sitzen. Der lässt aber nicht mit sich reden, zeigt stoisch auf die Telefonnummer am Tor, die wir anrufen sollen. Ich werde so wütend, dass ich Rucksack und Stöcke ihm regelrecht vor die Füße werfe, das bringt den Typen aber nicht aus der Ruhe. Ein paar Jugendliche, die das beobachten, weisen uns darauf hin, dass in 500m eine Bar käme und wir schleppen uns in die Stadt hinein und über einen trödeligen Trödelmarkt, machen im Cafe unseren Schlachtplan, denn bis Cotignac zu laufen, ist nicht mehr drin und war auch nicht so geplant. Es gibt eine Busverbindung von Carces nach Cotignag, nur nicht am Sonntag, das ist heute. Taxi.
Im Städtchen gibt es wirklich viele Restaurants, fast alle an einer Straße, die heutige Unterkunft ist schnell gefunden und Madame nimmt uns freundlich in Empfang, wir kriegen unser Zimmer und Limonade.
Von ihr erfahren wir, dass sie eigentlich viele Jahre mit ihrem verstorbenen Mann das Foyer betrieben hat und man daher bei Platzmangel immer auf ihre Dienste zurück greift. Wir unterhalten uns nett und heute will mein Mann unbedingt mal Fleisch essen. Wir schlendern also nach dem Duschen ins Städtchen und er lädt mich zum Muttertag zum Essen ein, der übrigens hier in Frankreich erst in zwei Wochen gefeiert wird. Gegen 10 fallen wir in die ganz, ganzen weichen Betten in der Villa le Rose.
Erkenntnis des Tages: Mann braucht ab und zu mal Fleisch!
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