San Quirico d`Orcia,
Foresteria Parrocchiale, 10,- Euro Ü p.P.
Kinder – das Leben ist schön!
Um acht krochen wir gestern in die Schlafsäcke, um neun
schleichen sich die Franzosen mucksmäuschenstill in die ihren. Die Nacht ist,
dafür dass 7 Menschen im Raum schlafen, recht still, kein Schnarchen oder
andere Körpergeräusche.
Um sechs heute Morgen wacht die Gruppe auf und macht sich
fertig, wieder sehr rücksichtsvoll. Wir beide beobachten dass Geschehen vom
Stockbett aus, ich aus der unteren, er aus der oberen Etage. Bald ist der Raum
von vorsichtigem Tütenrascheln und dem Duft nach Fuß-Geh-Wohl-Creme erfüllt.
Die Gruppe will heute nach Radicofani und verabschiedet sich.
Die vier deutschen Frauen in der Etage über uns werden
jetzt auch langsam munter.
Wir räumen bedächtig die Rucksäcke ein und brechen gegen acht
auf. Die erste Bar am Platz ist unsere und bei Cappuccino und einem süßen
Teilchen beginnen wir den Tag. Als wir die Bar betreten, sitzen da schon 4 englische
Pilger. Der Mann kommt an unseren Tisch und wir plaudern übers Wohin und Woher.
Seine Gruppe ist am 23. August in Bourg Saint Pierre aufgebrochen und sie
wollen am 3. Oktober in Rom sein. Der Marsch durch die Poebene war für sie alle
terrible, wie er beschreibt, sie konnten sich vor Moskitos kaum retten. Aber
die Po-Überquerung mit Danilo Parisi war grandios. Die Gruppe nächtigt in
kleinen Hotels oder Agriturismen.
Als sie aufbrechen kommen die vier deutschen Frauen
herein und bestellen sich, so wie wir, ihren Kaffee und was Süßes.
Kurz darauf ziehen wir los. Im Städtchen ist es noch
recht ruhig, die Geschäfterl sind noch geschlossen. Für die Einheimischen sind
Pilger keine Seltenheit mehr.
Entgegen unseren bisherigen Gewohnheiten, nehmen wir
heute brav die ausgeschilderte Strecke, laufen hinter San Quirico Richtung
Bagno Vignoni und genießen ganz einfach die Aussicht. Toskana-Genusswandern ist
angesagt.
Wir sind allein, gehen durch einen Olivenhain, Mundrauben
ein paar Feigen am Wegesrand und sammeln Walnüsse, genießen mit allen Sinnen. Ein
Duft von Wachholder liegt in der Luft und wir erfreuen uns an den kleine
Alpenveilchen rechts und links des Weges. Und immer wieder schweift der Blick
über die Landschaft. Keine Wolke ist am Himmel zu sehen.
Kurz vor Bagno Vignoni holt uns dann die Erste der
deutschen Frauengruppe ein und wir kommen ins Gespräch, woher wir kämen und wie
weit es heute gehen soll. Plötzlich fragt sie: „Kann es sein, dass Ihr einen Blog
habt?“
Ich schau an mir herunter, klar, wir haben ja auch fast
immer das Gleiche an auf den Fotos und den Videos, kein Wunder, dass Leser sich
daran erinnern.
Aber weit gefehlt, sie hat meine Stimme (hört, hört!)
erkannt, die kam ihr gleich so bekannt vor, und sie erinnerte sich an die
Tagesvideos, vor allem an den „…und wir haben gute Laune…“-Spruch. Die
Wahlbayerin, das ist sie nämlich, hat sich wirklich daran erinnert, dass wir im
Frühjahr bis nach Buonconvento gelaufen sind und im Herbst weitermachen wollten
und hat tatsächlich gehofft, uns zu begegnen. Es ist bemerkenswert, im finalen
Abschnitt begegnen wir nach fünf Jahren und fast 2000 km unserem ersten Fan.
Zwischenzeitlich haben die Mitstreiterinnen aufgeholt und
unser Fan klärt ihre Wandergefährtinnen auf. Eigentlich, so meint sie, hat sie
gehofft, auch mal im Blog aufzutauchen, kein Problem, ruck zuck ist die Kamera hervor
geholt und mein Mann fotografiert die Fan-Gemeinde. Die Vier sind in der Nähe
von Florenz gestartet und werden auch bis Rom laufen. Vielleicht sehen wir uns
noch.
Eigentlich dachte ich, kann heute den schönen Wandertag
nichts mehr toppen, aber diese Begegnung hat ihn noch schöner gemacht.
Auch der kurze Abstecher nach Bagno Vignoni ist sehr
lohnenswert und wir müssen über die asiatischen Touristen schmunzeln, die pärchenweise
unter einem Olivenbäumchen für Fotos possieren. Welche italienischen Filme
kennen die wohl? Ob sie auch wissen, dass die große Sophia Loren vergangene Woche
80 geworden ist?
Weiter geht es auf den Weißen Straßen, wir sind immer
noch auf dem Wanderweg, überschreiten auf einer Fußgängerbrücke die Orcia und
nach und nach überholen uns bestimmt 10 Amerikaner (innen) mit Tagesrucksäcken.
Der Weg verläuft zwischen Weinbergen, Feldern und
einsamen Gehöften stetig bergauf und hier oben auf dem Höhenrücken kann man
heute sogar Siena in der Ferne ausmachen. Herrlich !
Um die Mittagszeit herum beschließen wir, Pause zu machen
und steuern auf ein Gehöft zu, neben welchen sich eine Bank und eine Wasserstelle
befinden. Erstaunt stellen wir fest,
dass hier für die amerikanschen Wanderer ein Buffet aufgebaut wurde. Mit Hilfe
eines kleinen Transporters wurden Speisen und Getränke heran geschafft und ein
junger Bursche ist dabei, Nudeln zu wärmen und Wein zu kühlen.
Wir packen unser trockenes Brötchen und die Bananen aus
und jetzt wollen ein paar Amerikanerinnen von uns wissen, wo es losging und wie
lange wir schon unterwegs sind. Und nun hauen wir auch mal auf den Schlamm und
prahlen. In Canterbury, erklären wir ganz cool und als ich die erstaunten
Gesichter sehe, schiebe ich schnell nach „since 2009“. Schnell verstehen sie,
dass wir jedes Jahr einen Abschnitt unter die Füße nahmen und dass das jetzt
wohl der krönende Abschluss ist. Schließlich bemerkt eine Amerikanerin „ist’s fantastic“,
stuppst ihren Mann an, den das alles nicht so sehr zu interessieren scheint,
wie sein halbleerer Nudelteller, „Darling, isn`t it? “ zum Niederknien.
Schließlich bringt uns der junge Kellner zwei Becher
Rotwein und der schmeckt fantastic. Nicht lange und wir machen uns wieder auf
den Weg.
Weil mir die Strecke San Quirico – Radicofani eindeutig
zu lang ist, haben wir für heute ein Agriturismo gebucht. Das Passalacqua liegt
direkt am Weg und die junge Hausherrin Elena erwartet uns schon. Wir bekommen
ein nettes Appartement und sie kocht für uns. Es ist schon ein bisschen wie
Urlaub in der Toskana, aber nicht dekadent.
Zu Abend gibt es Gemüse aus dem Garten, Nudeln und
Wildschein, das ihr Papa, der Jäger, selbst erlegt hat. Und auch der hauseigene
Wein schmeckt köstlich.
Die Schlafsäcke können heute im Rucksack bleiben und im Garten
trocknet die Wäsche. Pilgerherz, was willst Du mehr?
Erkenntnis des Tages: Hurra, wir haben einen Fan!
Unterkunft in San Quirico
Wegweiser nach Rom
Blick zurück nach San Quirico
geballte Frauenpower unterwegs nach Rom
Bagno Vignoni - Thermalbecken
Fußgängerbrücke über die Orcia
Meine kleine stimmlose Pilgermaus
mein kleines Pilgermännchen - auf der weißen Straße der Toscana
unsere heutige Unterkunft liegt direkt am Weg
Hausherren Elena und Matteo
...und schon geht's weiter mit Eurem 2. Eintrag.
AntwortenLöschenWelch ein blauer Himmel und welch eine gute Stimmung. So viele nette Mit-Pilger bei Eurer letzten Tour gab es in den vergangenen vielen Kilometern nicht. Bei den Amis auf den Schlamm zu hauen (den Ausdruck merk ich mir -hab sehr gelacht-) hätte mir auch gut gefallen. Gut gemacht Ihr zwei. Vor allem ist es toll, daß keine Meldungen kommen mit Blasen und schwerem Rucksack. Ihr seid mental wohl allerbestens drauf und das ist super.
Ich wünsche Euch einen tollen 3. Tag.
Liebe Grüße Eure Alke-Brigitte