Samstag, 27. September 2014

Tag 3, 27.September 2014, Agriturismo Passalacqua - Radicofani, 17km



27.09.2014, vom Agriturismo Passalacqua nach Radicofani    17 km

Agriturismo Passalacqua 100,- Euro Appartement, HP

Es war ein herrlicher Sonnenuntergang gestern Abend und eine ruhige Nacht.
Noch besser allerdings ist das Frühstück, welches uns Elena kredenzte, frisches Brot, selbstgebackenen Kuchen von der Mama, Schinken, Salami, Käse – für italienische Verhältnisse recht ungewohnt. Allerdings ließen wir uns gestern Abend dazu überreden, erst gegen halb acht zu frühstücken, das ist für uns eindeutig zu spät, denn um diese Zeit sind wir gewöhnlich schon on Tour.
Die Sonne geht jetzt im Herbst gegen halb sieben auf, so genießen wir das üppige Frühstück und den herzlichen Abschied. Die Mama kommt hinzu und wir stehen alle vier auf der Wiese vorm Haus, blicken auf die umliegenden Gehöfte und  la Mama zeigt und die Häuser, in welchem sie und ihr Mann geboren wurden. Elena möchte, dass wir noch einen Abstecher nach Bagni San Filippo machen und die kostenlose Therme genießen, das wären aber sechs km zusätzlich und sie versteht unsere Einwände, im Gegenzug müssen wir versprechen, mit den Enkelkindern wieder zu kommen.
Zu guter Letzt holt sie noch ihre Kamera und macht ein Foto von uns beiden, mit einem warmen Händedruck verabschiedet uns die Mama und als wir schon ein Weilchen gehen und uns nochmals umdrehen, winkt die Mutter aus einem der oberen Fenster und ruft: “Buon Viaggio !", Elena steht immer noch da und knipst.
Die Sonne scheint bei wieder wolkenlosem Himmel, wir kommen gut voran und sind einfach glücklich, richtig glücklich.
Bald kommen wir zur verfallenen Chiesa di San Pellegrino, das ebenfalls zerbröckelnde Gebäude nebenan diente schon zu Sigerics Zeiten als Pilgerhospiz. Elena berichtete, dass die Gebäude einer Familie aus Siena gehören und man alles einfach zerfallen lässt. Nichts desto trotz ist eine Hinweistafel zwischen dem meterhohem Unkraut zur via Francigena aufgestellt wurden und ich werde den Gedanken nicht los, ob das Geld  nicht doch noch zu einem Rasenmäher gereicht hätte.
Brav laufen wir heute wieder nach Wanderführer, es ist verdächtig ruhig, kaum Verkehr und so langsam vergisst man die Wochentage. Heute ist Samstag.
Nach etwa acht km erreichen wir die Tankstelle und dass Hotel Beyfin, mitten in der Pampa an der SS2. Aus Ermangelung an Bananen oder Äpfeln wird die obligatorische Obstpause zur Kuchenpause, wir bestellen uns in der Bar Cola und verputzen la Mamas Feigenkuchen dazu.
Es ist halb elf und Clärchen meint es wirklich gut mit uns, die Sonne knallt und wir nehmen jetzt die 400 fast schattenlosen Höhenmeter auf 9 km in Angriff. Der Schweiß rinnt uns den Rücken herunter und der von der Stirn laufende Schweiß vermischt sich mit Sonnencreme und berennt furchtbar in den Augen.
Radicofani auf seinem Hügel kommt immer näher und erscheint immer höher.
Nur gut, dass wir das Agriturismo zwischen San Quirico und unserem heutigen Etappenziel gefunden haben, die Strecke am Stück hätte mich k.o. gesetzt.
Gegen 14.00 schließlich betreten wir das hübsche mittelalterlich wirkende Städtchen, finden schnell die Unterkunft und mit uns kommen Giuseppe und Cyntia, zwei Italiener, an. Die beginnen morgen ihre Tour nach Rom und sind mit dem Bus angereist.
Der Hausherr der Casa San Jacopo lässt uns ein und zeigt uns die drei Schlafsäle, die beiden Bäder, und die Küche, alles ist sehr sauber und gepflegt.
Auf dem Weg hier her entdeckten wir einen Alimentari und beschließen, heute zu kochen, laden die beiden Italiener ein und mein Mann will einkaufen gehen. Das italienische Duo verzieht sich in die gegenüberliegende Bar und ich bin ganz allein hier oben.  Die Zeit  nutze ich zum Duschen. Als ich nun splitterfasernackt mit umgehangenem Brustbeutel im Zimmer stehe, öffnet sich hinter mir die Tür und ein französischer Pilger bittet um Einlass. Ich werfe mir ein Handtuch um und übernehme kurzerhand die Funktion der Platzanweiserin. Gerard zieht ins Zimmer der Italiener und ich kann endlich duschen. Zurück im Zimmer öffnet sich erneut die Tür und ein Schweizer Pärchen bekommt beim Anblick meines üppigen Hinterteils den Schreck seines Lebens. Dennoch lassen sich beide von mir (jetzt angezogen) gern in der Herberge einweisen. Ich überlege allen Ernstes, ob nicht so ein Job als Hospitalera etwas für mich sein könnte. Den Schreckmoment könnte man ja weglassen.
Ein wenig später trudeln noch ein Franzose und ein Deutscher und ein Holländer ein.
Auf dem Weg hier rauf haben wir niemanden gesehen, wo kommen die vielen Pilger nur her?
Ich kriege es nicht mehr zusammen, wer wo gestartet ist. Nach drei Wassergläser Rotwein zum Nudelgericht, bin ich froh, wenn ich heute Abend noch den Blogeintrag so einigermaßen hinbekomme.
Bald sitzen alle über ihren französischen, italienischen, deutschen und holländischen Wanderführern und fachsimplen und während jetzt alle in die Betten wollen, lädt uns Giuseppe zum Bier in die gegenüberliegend Bar ein, was wir dankend ablehnen. Er, der schon vier Mal in Santiago war, ist eine richtige Spaßrakete, schenkt mir ein Tau-Kreuz und beginnt jetzt mit einem „Hasta la Vista“ seinen abendlichen Streifzug.
Auch wir werden bald in die Schlafsäcke sinken, der Tag war lang und heiß und der morgige wird noch länger und noch heißer.
Erkenntnis des Tages: Viele Pilger trifft man gen Rom !


Tagesvideo


Agriturismo Passalacqua

Chiesa di San Pellegrino

SS2 bei Beyfin - noch 162km Straße bis Rom


unterwegs

kurz vor Radicofani

Pilgerunterkunft in Radicofani

und innen sieh'ts so aus

Radicofani



1 Kommentar:

  1. Hallo Ihr zwei,
    komme grad von dem Geburtstag einer lieben Freundin und mußte gleich in die Kiste gucken ob Kerstin schon was getippt hat. Na wie fein. Sie schrieb wieder unübertrefflich !!!
    Ich glaube, es ist ganz OK, daß es so warm ist. Regen und Kälte hattet Ihr ja genug. Gut warm gehört schon zum Endspurt gen Rom. Du mußt durch die Hölle um in den Himmel zu kommen.
    Vielleich haben die vielen Pilger, die Ihr unterwegs nicht getroffen habt, alle den Bus nach Radicofani genommen. Egal wie, Ihr macht es schon richtig. Vernünftige Etappenlänge und notwendige Pausen. Darüber müssen wir sprechen beim Projekt Grünes Band. Morgen dürft Ihr auf keinen Fall viel Wasser vergessen. In der Toskana wimmelt es nicht vor Bars und Tankstellen die Getränke verkaufen.
    Ich bin stolz auf Euch, weiter so mit Gottvertrauen.
    Liebe Grüße Eure Alke-Brigitte

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