Die Jugend gibt ab um acht Ruhe und wir holen uns zwei
Pizzen und eine Flasche Bier und flitzen
im Regen zurück in die Herberge. Dass wir dringend Kohlehydrate brauchen,
stellen wir fest als wir in Null Komma Nichts beide Pizzen verdrückt
haben. Danach ist Nachtruhe angesagt und
wir hören dem Regen zu.
Um sechs klingelt der Wecker und wir brauchen eine Stunde
bis der auf drei Räume verteilte Inhalt unserer Rucksäcke zusammengesucht und
verstaut ist. Mal habe ich vergessen den Kamm einzupacken, mal liegt die rolle
Toilettenpapier noch draußen und zu Guter Letzt ist der Rucksack Regenschutz
noch nicht verstaut. Der Tag fängt gut an.
Wir schreiben Augustina noch einen Zettel und bedanken uns
mit 15,- Euro Spende und werfen den Schlüssel nebst Geld in den Briefkasten des
Pfarrers, der ja Frankas Aussagen zu Folge gerade in Rom weilt.
Auf Frühstück wird erst mal verzichtet, die Bar unten hat
montags geschlossen und bei der unfreundlichen Schlüsselversteckerin hätte ich
sowieso nicht gefrühstückt. Unterwegs wird sich schon etwas finden.
Wir hätten nicht gedacht, dass Groppelo Cairoli so groß ist,
die lange Hauptstraße ist gesäumt mit Cafés, kleinen Läden und Weinbars. Es nieselt und nieselt und nieselt und
nieselt.
Nach der Stadt überquert man die A7 und geht der Ausschilderung
nach auf Feldwegen zwischen Feldern hindurch auf die kleine Ortschaft Villanova
d`Ardenghi zu. Es ist gegen neun und wir kehren in der winzigen und einzigen
bar des Ortes zum Cappuccino ein. So ganz ohne Frühstück loszugehen, war doch
keine so gute Idee. Der Wirt ist Deutscher, stammt aus Charlottenburg und lebt seit
20 Jahren hier. Wir kommen ins Gespräch, er schwärmt von der Gegend, von Pavia
und Pontremoli und hat viel Ahnung von den Kirchen in der Umgebung. Er gibt uns den Tipp unbedingt die Certosa di
Pavia zu besuchen, es sie die schönste Kirche Italiens und ein Stempel dieser Kirche
im Pilgerpass sei eine Rarität. Dieser Ort, so stellen wir später fest, liegt aber
nicht auf der Strecke, man müsste den
Zug Richtung Milano nehmen. Das
werden wir irgendwann mit dem Auto nachholen.
Jetzt führt der Weg am Ufer des Ticino entlang, leider viel
zu nass, so dass auf die daneben entlangführende Dammstraße ausgewichen werden
muss. Nach den „Reis“ -Tagen macht das Gehen, trotz Nieselregens, durchs
Grün der Flussauen richtig Spaß und tut der Seele gut.
Wir beobachten einen Biber und Graureiher und gehen mal
wieder allein.
Heute Morgen erhielten wir noch eine SMS von Markus, der
gestern Pavia erreicht hat, zwei Stunden war er noch auf Unterkunftstsuche, die
Parrocchia war überfüllt und er ist dann am andere Ende der Stadt in einem teuren Hotel gestrandet.
Lidia hatte von Robbio aus schon die Parrocchia für uns
gebucht und wir hoffen nun, dass das auch alles klar geht.
Gegen zwei betreten wir am Flussufer des Ticino die 2000
Jahre alte und ehemalige Hauptstadt Italiens, Pavia. Man entdeckt die Brücke Ponte
Coperta, schade dass der Blick auf den Dom teilweise von Hochhäusern verdeckt
wir.
Im Stadtteil Borgo Ticino befindet sich das Ostello, wir
laufen erstmal wieder daran vorbei, weil man in diesem von Graffiti
beschmierten Stadtteil keine Herberge vermutet.
Und jetzt geht es los, ich bin gefordert und überfordert. Wir
finden die Herberge in einer Seitenstraße der Kirche Santa Maria in Betlem. Am Eingangschild
steht, dass von 18.30 bis 20.00 check in sei. Na, prima, wir könnten ja
Sightseeing machen, würde zuvor aber gern die Rucksäcke hier deponieren.
Es gibt vier Klingeln, ich drücke die Ostello-Klingel,
nichts, die Büro-Klingel, nichts. Die beiden anderen traue ich mich nicht. Es bleibt nichts übrig, wir rufen die darunter
stehende Nummer an und ein Mann meldet sich. Wir reden Englisch und eigentlich
will ich nur wissen, ob wir die Rucksäcke hierlassen können, zum Check In sind
wir wieder da. Und genau das scheint ein Problem zu sein, er hat nur ein
Dreibettzimmer frei, kein Problem für uns. Er müsse aber erst den Dritten,
einen Mann fragen, ob der mit uns das Zimmer
teilen würde. Auch kein Problem, ich will ja nur den Rucksack erst einmal hier
lassen. Er gibt Anweisung, die Büroklingel zu drücken, ich erkläre ihm, dass
wir das bereits vergeblich getan hätten. Jetzt soll ich die Klingel ,Suore`
drücken, wird gemacht, aus der Sprechanlage ertönt eine weibliche Stimme,
natürlich italienisch. Ich werde fast verrückt, am Ohr das Handy mit dem Mann,
dem ich auf Englisch klarmachen will, Rucksäcke
– Abstellen – okay ?, an der Gegensprechanlage die Frauenstimme, der ich auf
Italienisch sage: „Buongiorno, signora, siamo tedesci pellegrini, wir haben ein
Zimmer bestellt.“, Vor lauter Verzweiflung halte ich das Handy jetzt an die
Gegensprechanlage, zum Glück öffnet die Frau die Tür und ich kann ihr das Telefon
in die Hand drücken. Es ist eine Schwester in Tracht und ich weiß jetzt, dass
Suore Ordensschwester bedeutet. Ich bin fertig. Es dauert noch geschlagene zehn Minuten bis die beiden sich einig sind
und Schwester Silvia uns ins Haus bittet. Wir konnten schon einen Blick ins
Treppenhaus erhaschen, wenn die ganze Unterkunft so sauber ist, bleiben wir
gern hier. Sie führt uns in ein Dreibettzimmer und erklärt das „Problem“ mit
dem dritten Mann und ich erkläre, dass es für mich kein Problem wäre, haben wir
doch schon Nächte in Alpenhütten und Jugendherberge verbracht, wo Männlein und
Weiblein in einem Raum schliefen. Ihr Blick
spricht Bände und jetzt kapieren wir es auch endlich, das darf nicht sein, auf
gar keinen Fall. Man muss jetzt auf den dritten Pilger oder was immer auch der Herr
sein mag warten und ihm ein anderes Zimmer zur Verfügung stellen.
Silvia ist sehr nett, wir unterhalten uns auf Englisch und
als sie mit blütenweißer Bettwäsche zurückkommt, entscheidet sie kurzerhand,
ihr bekommt jetzt das Zimmer, richtet Euch ein, basta.
Vielleicht macht sie das, weil sie gemerkt hat, dass wir
Deutsche sind und sechs ihrer Schwestern in Emmerich an der
deutsch-niederländischen Grenze stationiert sind.
Nach Duschen und Wäsche waschen, geht es erst einmal in die
Gelateria, die wir auf dem Herweg erspäht haben, und wir besichtigen die
berühmteste Kirche Pavias, San Michele, in welcher 1155 Barbarossa zum Kaiser gekrönt wurde. Es
ist eine sehr schöne Kirche und ihr Inneres völlig aus Marmor.
Auf dem Rückweg in die Herberge gibt es gleich noch einmal
Gelati und um sechs zum Check in müssen wir vor Ort sein. Wir treffen Francesco,
den Mann vom Telefon und er klärt uns auf, manchmal kommt es zu
Doppelbelegungen und er hat unseren Namen nicht verstanden, so dass er uns
nicht als die identifizierte, di e ja schon reserviert hatten.
Später ruft er noch für
uns in Santa Christina an und bestellt für morgen eine Unterkunft in der
dortigen Parrocchia. Ich kann es nicht lassen und frage ihn, warum denn Markus gestern
kein Bett bekam, und so erfahren wir, dass einige polnische Studenten hier
einquartiert sind und jedes Wochenende viele Gruppen hier günstig übernachten.
Wir dürfen die Küche benutzen und als uns Don Antonio, der
hiesige Pfarrer, begrüßt und er uns fragt ob alles in Ordnung sie, erklären wir
alles für tutto paletti.
Es ist eine sehr schöne Herberge, sauber freundlich, ruhig. Wir
sitzen im Garten hinter der Kirche und lassen den Abend mit einem Bierchen Moretti ausklingen.
Erkenntnis des Tages:
Außer Reisfelder gibt es noch
andere schöne Gewässer.
Wer reist, der kann etwas erleben. Ihr habt einiges davon schon in petto. Land und Leute - immer wieder spannend, was in Italien so auf euch zukommt. Zimperlich darf man wohl nicht sein. Als Entschädigung winkt natürlich das Ziel. Gottes Segen habt Ihr schon und die Anzahlung für einen Platz im Himmel ist geleistet. Friede sei mit Euch, natürlich an den Füßen blasenfrei und ne Flasche Wein mit dabei.
AntwortenLöschenGruß V.
Hallo Ihr zwei,
AntwortenLöschenmit großem Vergnügen habe ich die letzten 2 Etappen Eurer Tour gelsen. Ich wünsche Euch von Herzen, daß die nächsten Etappen keine Katastrophen bringen. Am Ende des Tages möge immer ein Bett und ein gutes Glas Wein für Euch vorhanden sein.
Alles Liebe Eure Alke-Brigitte