Montag, 6. Mai 2013

Tag 6, 05.05.2013, von Mortara nach Gropello Cairoli, 26 km



Über dem Netbook und Rotwein schlafen wir gegen 21.00 Uhr ein und am Morgen steht pünktlich 6.30 Uhr Franka mit dem Frühstückstablett im Saal. Es gibt Croissant, Weißbrot, Marmelade und Kaffee.
Da wir für morgen in der Casa Carita nicht mehr unterkommen, erklärt sie uns, in der Parrocchia di Santa Maria in Betlem einzukehren.  Gigi sucht uns die Telefonnummer heraus, die wieder mal nicht identisch ist mit der aus dem Wanderführer.
Schnell sind die Rucksäcke zusammengepackt und als ich mich nach dem Preis erkundige, meint Franka nur: “Oferta.“, also Spende. Laut Outdoor-Büchlein soll HP 12,- Euro kosten und für die Übernachtung könne man spenden.  Ich glaube wir sind der netten Frau so sympathisch, dass sie einfach bestimmt, wir sollten geben, was wir für richtig halten, und wir geben gern 50,- Euro für die Hilfsbereitschaft der Beiden, fürs Übernachten und dem guten Abendessen mit Wein. Sie bringt uns dann auch noch zwei Croissant für unterwegs. Danke.
Auch die obligatorischen Fotos sind schnell gemacht und auf geht`s.
Die Sonne kommt hervor und da heute Sonntag ist und es erst nach sieben Uhr und wir auch vorankommen wollen, nehmen wir die Landstraße. Es ist sehr ruhig und einen breiten Seitenstreifen gibt es auch. Wir laufen so ca. 11 km bis Tromello. Rechts und links wieder Reisfelder. Die sind allerdings nicht geflutet und man sieht schon kleine grüne Pflänzchen.
Am Ortseingang bemerkt uns ein älterer Herr, der uns auf seinem Rad entgegen kommt, er springt ab und will wissen, ob wir Pilger seien und gern einen Stempel wollen. Klar, den nehmen wir auch noch mit.  Da wir bemerkt haben, dass unsere Namen für Einheimische schwer auszusprechen sind, stellen wir uns jetzt immer als Giovanni und Kristin vor. Er heißt Carlo und ist hier im Ort fürs Pilgerbüro zuständig. Das ist ein kleines Zimmer mit Bar neben der Herberge. Carlo erzählt uns, dass gestern ein deutscher Pilger hier geschlafen hat. Es war Markus. Er ist heute Morgen um sechs nach Pavia losmarschiert.
Carlo stempelt unsere Pässe ab und überreicht uns ein Testemonium der Gemeinde Tromello, also eine kleine Pilgerurkunde, dann macht er noch ein Foto, das kommt mit an die Erinnerungstafel, er zeigt uns Fotos von allen Pilgern, die schon hier waren, Australier, Deutsche, Franzosen, Italiener, Engländer, Norweger.
Als wir noch ein Foto von ihm machen wollen, holt er schnell ein Fahrrad, das in den Nationalfarben gestrichen ist hervor und auf dem das Logo Via Francigena prangt.
Es gibt noch Anstecker und Schlüsselanhänger, eine Flasche Wasser und Kekse.
Dann müssen wir weiter. Ihm zuliebe, der so darauf bedacht war, dass wir den Weg über die Wallfahrtskirche in Santa Bozzola nehmen sollten, gehen wir nun wieder nach der Ausschilderung.
Im 13. Jahrhundert geschah hier ein Wunder. Ein junges taubstummes Mädchen hütete ihre Tiere und als ein heftiger Sturm ausbrach, suchte sie in einer kleinen Kapelle Unterschlupf. Mitten in diesem Unwetter leuchtete ein Fresko der Jungfrau Maria auf, die zu ihr sprach. Nachdem das Unwetter verflogen war, konnte das Mädchen hören und sprechen, erzählte überall von dem Wunder und trat ins Kloster ein. Kurz darauf wurde die Wallfahrtskirche Madonna della Bozzola errichtet.
Und so kam der  kleine Ort, der gerademal so groß ist wie der Parkplatz vor der Kirche, zu diesem gewaltigen Bau.
Das Innere der Kirche ist sehr schön und der gerade stattfindende Gottesdienst wird wieder über Lautsprecher ins Freie übertragen, so das man schon von Weitem einen sehr schönen Gesang und Orgelspiel wahrnehmen kann.
Die Wolken ziehen zu und wir machen uns auf nach Groppello Cairoli.
Ein Teil des Weges führt mal wieder an einem Wassergraben entlang. Der Pfad ist völlig zugewachsen und wenn hier nicht ein winziges Schildchen die Richtung anzeigen würde, könnte man meinen, man hätte sich verlaufen.  Zum Glück wissen wir, dass Markus nach Karte geht, und er hat heute Morgen schon im kniehohen Gras eine Spur getreten. Zu guter Letzt beginnt es zu regnen und wir machen, dass wir nach Groppello Cairoli kommen. Das sind nochmal vier km Straße und bis zu der von Franka beschriebenen Bar zieht es sich.
Vor und in der Bar stehen viele junge Mädchen in blauen Trainingsanzügen mit Sportaschen. Offensichtlich ist das hier Treffpunkt für die Abfahrt zu einem Spiel und man hat sich wegen des Regens in die Bar geflüchtet. Ich befolge Frankas Anweisungen, betrete die Bar und möchte bei der Wirtin die Schlüssel abholen. Die spricht nur italienisch, erzählt und erzählt, ruft dann kurz aber ziemlich laut in die Runde und fünf oder sechs Mädchen springen auf, um zu dolmetschen. Ah, der Schlüsselwart kommt erst half passt two, also in 20 Minuten, wir müssen warten.
Als schließlich eine Schwester den Kirchhof überquert, macht uns ein älterer Herr darauf aufmerksam, dass dies Augustina sie und sie wäre die Schlüsselwärterin.
Augustina geht mit uns in die Bar und siehe da, die lustlos wirkende Bar-Tussi hatte doch den Schlüssel.
Die Unterkunft liegt zwei Stockwerke über der Bar im Dachgeschoss und besteht aus mehreren Räumen, bestückt mit Möbel- und Wäschespenden.  Eine kleine Küche ist da, ein Aufenthaltsraum, ein Schlafraum mit vier Liegen und ein Bad, von dem Augustina versichert, dass es tutto paletti wäre. Ist es aber an deutschen Vorstellungen gemessen, nicht ganz so.
Im Schlafzimmer ist ein Bett aufgewühlt, Augustina schimpft, da hat gestern ein italienischer Pilger drinnen geschlafen und es nicht wieder gerichtet.
Für uns beide genügt die Unterkunft, es ist mal nicht kalt.
Zur Hochsaison, wenn mehrere Pilger hier schlafen, duschen und Unordnung machen, wäre es nichts für uns.
Das schlimmste aber ist der Lärm im Haus. Nebenan konnte ich einen Fußball- und einen Spielplatz erkennen und des Wetters wegen hat sich die Dorfjugend offensichtlich eine Etage tiefer im Dorfgemeinschaftsraum eingefunden und lärmt, was das Zeug hält. Nicht nur das, man scheint auch Möbelrücken zu spielen. In manch einer Bahnhofshalle geht es ruhiger zu.
Mal sehen, wann die italienische Jugend Nachtruhe hält.
Morgen soll es dann nach Pavia gehen. Ob Markus heute noch im Trockenen sein Ziel erreicht hat?

Erkenntnis des Tages:  Wo Licht ist, ist auch Schatten. Da muss man durch.

Gigi                                           Franka


in Tromello trafen wir Carlo

Kirche  Madonna della Bozzola



1 Kommentar:

  1. Morgen fliege ich nach Rom. Mittwoch werde ich starten mit der Via Francigena del Sud. Ich habe nur eine Woche. Ich weiß noch nicht, wo ich kommen werde.
    Ich weiß nicht, ob ich Internet habe und eueren Blog kann lesen. Ich versuche auch meinen eigenen Blog zu schreiben.
    http://everdiene.blogspot.nl

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