Der Rotwein am Abend hat es in sich, wir fallen dann auch
gegen 21.00 Uhr ins Bett und versinken
zufrieden in einen Tiefschlaf. Es ist wunderbar ruhig und auch die drei
Berner Sennenhunde des Nachbarn geben Ruhe.
Gegen 4.00 Uhr wachen wir auf, da wieder ein Platzregen
runtergeht. Die Vorhänge habe ich zugezogen, um das Elend da draußen nicht zu
sehen.
In dem BnB könnte man es auch ein paar Tage aushalten aber
wir sind zu um 7.00 Uhr mit Roberta zum Frühstück verabredet. Sie hat aufgetischt wie in einem 5* Hotel und
zwar so viel, dass gut und gerne zehn Pilger satt geworden wären.
Filipo und sie haben das alte Gutshaus selbst umgebaut und
für sich und ihre vier Töchter sehr liebevoll hergerichtet. Drei Gästezimmer haben
sie.
Gegen 8.00 verabschieden wir uns. Es ist zum Glück trocken
und wir nehmen erst die Wegweiser ernst und folgen der Ausschilderung bergauf
in die Weinberge zu einer zerfallen Kapelle
um dann wieder hinabzusteigen. Es
ist zwar schön, dass hier eine Beschilderung aufgestellt wurde, aber manchmal
möchte man meinen, dass diese extra an Sehenswürdigkeiten, Aussichtspunkten und
zerfallenen historischen Gemäuern vorbeiführen.
Auch werde ich den Gedanken nicht los, dass man mit der
Beschilderung eher die Autofahrer vor den Pilgern als umgedreht schützen will.
Heute ist Feiertag, viele sind im Urlaub und der Verkehr auf
der SS228, meint Roberta, wird sich in Grenzen halten außerdem gäbe es einen
breiten Seitenstreifen und genauso ist es auch.
Wir nehmen also die SS228 unter die Füße und erreichen
schneller als gedacht Viverone, steigen zum See hinab und machen kurz
Pause. Die Badesaison hat noch nicht
begonnen , so ist es recht ruhig am See, ein Einheimischer bietet uns sein BnB
an, es ist bitteschön erst 10.00 Uhr,
Santhia ist unser heutiges Ziel und er nickt verständnisvoll.
Wir lassen Roppolo links liegen und nehmen die SS143 nach
Cavaglia. Kurz hinter Roppolo wirbt ein überdimensionales Pilgermännchen für
die Via Francigena.
Der Autoverkehr hält sich wirklich in Grenzen, einige Fahrer
hupen und winken. Nun wissen wir aber nicht, ob sie uns damit für verrückt
erklären oder grüßen wollen. Wir interpretieren diese Geste mal als Gruß und
winken freundlich zurück. Viel schlimmer
erscheinen mir die nebeneinander fahrenden schwatzenden Rennradfahrer. Die gibt
es heute mehr als genug.
Cavaglia ist eine typische kleine italienische Stadt mit
engen Gässchen, einer Piazza mit Bar, Kirche und Brunnen. Unser geliebtes Radler/Panache gibt es leider
in Italien nicht, auch Spezi ist hier unbekannt, so mixen wir Cola und Fanta
selbst. Um 12.00 schließt die Bar und wir nehmen die ca. zehn Kilometer nach
Santhia in Angriff, die lang und eintönig sind.
Wir überschreiten zwischen den beiden Städten die Grenze der
Provinz Biella und tauchen in die Provinz Vercelli ein.
Am Straßenrand machen wir zwei blonde Schönheiten aus, die
hier offensichtlich auf Freier warten.
Das habe ich schon einmal in einem Pilgertagebuch eines
luxemburgischen Pilgers gelesen, wollte es aber
nicht so recht glauben.
Es ist nach wie vor trocken und die Sonne kommt hervor. Der
Weg allerdings wird anstrengender, die Fußsohlen brennen und die Trinkflaschen
leeren sich.
Schließlich überqueren wir auf der SS143 die A4 und kommen
an den Stadtrand von Santhia.
Es ist eine schon etwas größere Stadt, man muss wieder zwei
Kilometer durch Industriegebiet und Wohnsiedlungen, ehe man das Zentrum, die Piazza
Roma, erreicht.
Heute werden wir im Posto Tappa übernachten, das sind extra
für Pilger eingerichtete kommunale oder kirchliche Unterkünfte.
Den Schlüssel holt man sich gewöhnlich im Rathaus ab, wegen
des Feiertages hat man ihn aber im Cafe gegenüber hinterlegt, das wiederum hat
erst wieder ab 15.30 Uhr geöffnet.
Wir superschnellen Pilgermäuse aber stehen bereits 14.30 Uhr
vor dem Cafe.
Ich muss mich ausruhen. Es ist trocken und dann warten wir eben.
Mein Mann allerdings macht sich auf die Suche nach einer Gelateria
und entdeckt am Haus gegenüber der Kirche ein Schild mit der Aufschrift
„Santhia sulla Via Francigena“ und am Briefkasten eine Nachricht für uns,
welche besagt, dass wir bei früherer Ankunft eine darunter stehende Nummer
anrufen und Mario verlangen sollten.
„Ich wähle, Du sprichst.“ Gesagt, getan. Mario kommt nach 5 Minuten
angeradelt, übergibt uns den Schlüssel und
zeigt die Unterkunft, ein Zimmer mit drei Doppelstockbetten eine Dusche
und ein Büro. Schnell ist der Pilgerpass abgestempelt, ein Foto gemacht, die
Wanderkarte für morgen ausgehändigt und zwei Gutscheine für ein Pilgermenü in
Höhe von 10,- Euro für die Pizzeria auf der Piazza.
Nachdem wir geduscht und die Schlafsäcke ausgebreitet haben,
sitzen wir jetzt vor dem besagten Cafe, weil es in der Unterkunft sehr kalt ist. Draußen ist es viel wärmer. Ich „freue“ mich
schon auf die Nacht.
Jetzt hat auch die Kirche geöffnet und die Glocken rufen zum
Gottesdienst.
Und es ist wie immer:
Erkenntnis des Tages:
Je näher man Rom kommt umso
prachtvoller werden die Kirchen.
Roberta mit Nonna Kerstin
überdimensionales Pilgermännchen bei Roppolo
Gruß in den Süden,
AntwortenLöschenganz schön gepilgert die letzten beiden Tage.Ich gehe davon aus, dass Ihr Euer Ziel (Vercelli)heute schon erreicht habt und wieder die Füße im Wein badet. Man war das ein langer Bericht und lief ja auch ganz gut, wie es aussieht. Haltet aus und übernehmt Euch nicht. Pausen sind wichtig ! Bis dann Chiao V & R
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AntwortenLöschenUltreia Kerstin und Hans-Jürgen,
AntwortenLöschenihr beginnt es ja ganz gut, leider aber bei Regenwetter. Werde eure Pilgerreise wieder gespannt auf eurem Blog verfolgen. Es ist ja genau auf den Tag 6 Jahre her, dass ich in Canterbury gestartet bin um nach Rom zu pilgern. Offensichtlich haben sich in den Jahren die Übernachtungsmöglichkeiten doch verbessert, ich hatte ja gerade in Italien oft Probleme.
Habe gerade einmal geschaut wie bei mir das Wetter war; es waren „nur“ 28 bis 30°C mittags. Aber das kommt bei euch sicher auch noch.
Ihr werdet als erfahrene Pilger euer Ziel erreichen, da bin ich mir sicher.
Weiterhin eine blasenfreie Pilgerreise
Hermannus Brennerus
Hier gibst eine Streckenkarte:
http://www.via-francigena-pilger.de/html/karte_grand_san_bernard_-_cost.html