01.10.2014, von Montefiascone (Paoletti) nach Viterbo 16km
BnB Cassia Antica, Paoletti, 50,- Euro Ferienwohnung Ü/F
Gestern Abend nutzten wir die Küche und machten uns mal
wieder Nudeln zum Abendessen, dazu besorgte mein Mann im 3 km entfernten
Alimentari eine Flasche Est! Est!! Est!!! .
Hierbei handelt es sich um einen hiesigen Weißwein, an dem
sich, wie die Legende berichtet, der deutsche Kaufmann Johannes Fugger hierzulande
zu Tode trank. Seinen Diener sandte er voraus, um die Wirtshäuser mit „Est!“ zu
kennzeichnen, in welchen es den besten Wein gab. Und in der Wirtschaft, an der „Est!
Est! Est!!!“ an der Tür stand, blieb der Kaufmann hängen und nach dem vielen Rebensaft
segnete er schließlich das Zeitliche. Noch heute wird hier jährlich zu seinem Todestag
der Inhalt einer Flasche „Est! Est!! Est!!! auf dem Grab des Alkoholikers
vergossen.
Nachdem wir den Wein kosten, kommen wir zu der Feststellung,
dass Fuggers Diener selbst besoffen sein musste oder er seinem Herrn eins
auswischen wollte. Zu seiner Ehrenrettung sei allerdings gesagt, dass wir als
Wahlpfälzer da etwas verwöhnt sind und man wahrscheinlich für 1,95 Euro nicht
viel mehr verlangen kann.
Morgens bringt uns Emmanuele, die junge Hausfrau, noch im
Schlafanzug eine Kanne Kaffee, dazu gibt es abgepackte süße Sachen.
Offensichtlich wird das BnB nicht mehr als solches betrieben, aber für Pilger
hat man ein Herz und die Waschmaschine allein schon war es uns wert, und nicht
auf dem Boden schlafen zu müssen, auch.
Als wir gegen sieben starten, nieselt es leicht bei 22 Grad.
Selbst ich Frierkatze laufe heute gleich von Anfang an kurzärmelig.
Wieder geht es über die großen schwarzen Steine der alten
Römerstraße. Mein Mann meint, dass man eigentlich die 100 km bis Rom freilegen
und restaurieren könnte, dann hätte die alte Cassia gute Chancen zum
Weltkulturerbe aufzusteigen. Das Gehen auf diesen geschichtsträchtigen Steinen
hat schon was. Hinweistafeln zeigen Darstellungen der mühsamen Bauphasen.
Hier sind schon ganze römische Truppen lang gelaufen als an
Compostella noch nicht zu denken war und die Vorfahren unserer Schicki-Micki-Pilgerfreunde
aus Übersee noch im Lendenschurz herum liefen.
Nach der freigelegten Cassia geht es bis Viterbo nur auf
Feldwegen bei angenehmen Temperaturen weiter. Da keine Höhenmeter zu bewältigen
sind, kommen wir zügig voran und wollen an der Therme eine Pause machen. Lassen
uns aber durch die Tausend Jahre und die beleibten Körper, die sich da im
Becken tummeln und uns nicht gerade einladend anblicken, etwas abschrecken und
so attraktiv mutet das ganze Ambiente auch nicht gerade an.
Wir betrachten die enormen Hügel der umbrischen Alpen in der
Ferne und langsam weichen die Zypressen am Wegesrand großen Pinien.
Kurz vor Viterbo entdecken wir das große Gebäude des italienischen TÜV mit
einer Bar und es gibt die ersehnte Pause.
Um elf betreten wir durch die Porta Fiorentina Viterbo und
jetzt ist wieder Pilgern durch das Großstadtgetümmel angesagt. Wieder viel Verkehr,
schnelle Autos und Zebrastreifen ignorierende Fahrer.
Der Weg zum Ospitale La Toretta ist sehr gut ausgeschildert
und wir rufen die Nummer an, die an der Tür hängt, müssen allerdings noch eine
Stunde warten. Also machen wir es uns auf den Bänken vor der Herberge bequem, schlendern
etwas herum und beobachten die Kiddis bei ihrer Pause auf dem Schulhof der
angrenzenden Grundschule.
Bald gesellt sich Gerard zu uns, erkundigt sich wieder nach
meinem Knie und ist gerade im Begriff, weiter zu gehen, weil er nicht warten möchte,
als Grazia und Domenico, die Manager der Herberge auftauchen. Schnell sind die
Personalien erfasst und die Pässe abgestempelt. Domenico weist uns ein Dreibettzimmer
zu. Nach dem kalten Duschen geht es auf Sightseeing-Tour. Jetzt kommt uns Abraham
entgegen und auch er erkundigt sich nach dem Knie. Es ist beruhigend zu wissen,
dass es besorgte Mitpilger gibt.
Viterbo hat viele
Kirchen und der ehemalige Papstpalast ist ebenfalls sehenswert. Das war´s dann
aber auch schon.
Das mittelalterliche Flair des Stadtkerns wird getrübt durch
den vielen Schmutz, der hier auf den Straßen liegt. Ähnlich wie in
Montefiascone fahren die Autos durch sämtliche Straßen der Stadt, eine
Fußgängerzone oder eine zentrale Piazza gibt es nicht. Lediglich das Viertel San
Pellegrino wirkt etwas einladend.
Zurück in der Herberge hat die sich mittleiweile gefüllt. Insgesamt
sind 12 Pilger bisher eingetroffen und weitere werden noch erwartet.
Andrea, der junge Hospitalero und Gracia sind sehr hilfsbereit,
organisieren die folgenden Unterkünfte und versorgen die Pilger mit wichtigen
Informationen.
Es ist schon bemerkenswert, auf welche Hilfsbereitschaft und
Gastfreundschaft man stößt und wir nehmen sie gerne an. Beim Studium des
Gästebuches fällt mir Reinhards Eintrag vom 26. Juni auf, schön auf Bekannte zu
stoßen. Jochen war gestern schon hier. Wo mögen Cynthia und Giuseppe, Andreas
aus der Schweiz und das fränkisch-bayrische Damenquartett aus Bagno Vignone
jetzt stecken ?
Gegen sechs geht ein Gewitter herunter, dass sich gewaschen
hat, es stürmt und regnet in Strömen.
Eigentlich werden noch zwei deutsche Frauen erwartet.
Erkenntnis des Tages: Ohne
Hügel geht es schneller !
Hallo Ihr Zwei,
AntwortenLöschenna jetzt ließt es sich aber schon sehr nett. Gut geschlafen mit ein bissi Komfort fürs Waschen, Essen und morgens so was ähnliches wie Frühstück in Paoletti. Dann hattet Ihr einen schönen Wandertag auf geschichtsträchtigem Boden. Habe mir das Pflaster mal in Streetview angesehen. Welch eine Leistung sowas zu früheren Zeiten mit einfachsten Hilfsmitteln zu bauen. So seid Ihr heute Nacht wieder in christlicher Obhut. Es ist auch ein Gutes Gefühl, zu wissen, wenn ein Unwetter kommt und man hat dann ein schützendes Dach über dem Kopf. Jetzt hoffe ich, daß Ihr in Eurem 3er Zimmer gut schlaft.
Der Wetterbericht hat folgende Warnung heraus gegeben:
Gewitter in der Region, Mittwoch Abend bis Donnerstag Nachmittag. Stürme können Sturzfluten auslösen.
Morgen habt Ihr 18 km vor Euch. Alles weitgehend flach. Ich drücke Euch die Daumen, daß Ihr gut durch den Sturm kommt.
Liebe Kerstin. Nicht nur Gerard und Abraham, auch ich möchte wissen wie es Deinen Knien geht.
Einen lieben Gruß durch die Nacht sendet Euch die Alke-Brigitte