Montag, 19. Mai 2014

Tag 17, 18.05.2014, San Gimignano - Monteriggioni, 31,5 km


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18.05. 2014 San Gimignano - Monteriggioni  31,5 km

Gästehaus Monastero S. Girolamo, DZ 50,- Euro

Als ich heute Morgen kurz nach sechs die Fensterläden öffne geht gerade die Sonne auf, es wird ein schöner Tag.
Kurz nach sieben verlassen wir ganz leise das Haus, auf Frühstück verzichten wir. Es kommt bestimmt eine Bar.
Das Städtchen ist noch menschenleer, lediglich zwei junge Leute bitten uns, ein Foto von ihnen zu machen. Es ist angenehm, touristische Hochburgen ohne Touristen zu durchschreiten. Cafés und Restaurants, Geschäfte und Eisdielen sind noch geschlossen. Die Stadt schläft noch am Sonntagmorgen.
Zwanzig Minuten hinter San Gimignano lädt eine Bank zur Rast ein. Wir mussten oft genug an nassen Bänken vorbei marschieren, heute lacht die Sonne und wir lassen uns mal wieder alle Zeit der Welt, sitzen und genießen den Blick auf San Gimignano, das bereits über uns thront und im Dörfchen Santa Lucia schlägt die Kirchturmuhr gerade halb acht.
Es geht wieder über Wiesen und durch Wälder, an Weinbergen und einer Wallnussbaum-Plantage vorbei. Wir gehen heute selbst im schattigen Wald nur im T-Shirt. Zunächst sind kaum Höhenmeter zu überwinden, so dass man nicht ins Schwitzen kommt und ich genieße es, mal nicht ein T-Shirt zum Trocknen an den Rucksack hängen zu müssen, der Rücken bleibt heute trocken.
Kurz vor Quartia kommt man aus dem Wald heraus und es ist Zeit für die Frühstückspause und den Café. Leider hat das erste und einzige Café bis Colle di Val d´Elsa geschlossen. Zum Glück haben wir genügend Wasser dabei.
Heute ist wirklich Genusswandern angesagt, wieder geht es durch Laubwald, die Bäche und Furthen sind mit Hilfe großer Steine und großer Schritte zu überwinden.
Auf den Wegen können wir Kalksteine mit Fossilien entdecken, Muschelabdrücke in allen Größen, passt ja auch ein bisschen zum Weg.
Allerdings muss man  auch an zwei wahrscheinlich illegal angelegten schäbigen Hundezuchtanlagen vorbei. Obwohl die Tiere einem Leid tun, habe ich immer den Hundeabschrecker griffbereit.
In Colle di Val d´Elsa wird man wieder mit der Kirche ums Dorf geführt. Man betritt den Ort, wird über eine Wohnsiedlung bis zum Kreisverkehr geleitet, der den Pilger wieder aus dem Ort heraus führt, obwohl es breite Gehwege gibt und die einzige Bar und Gelateria an der Straße liegt, an welcher man gerade umgeleitet wurde. Wir haben Hunger und es ist Mittagszeit. Man geht also wieder ins Dorf zurück. Blöde Markierung. Mit Pasta und Lasagne gestärkt verlassen wir das Restaurant und jetzt hat die Eisdiele geschlossen. Nochmals blöde Markierung. Ich entdecke den grünen Rucksack mit dem blauen Schirm, der dem etwas hilflosem Pilger von gestern Abend gehört. Wie sich später heraus stellt ist es Günther aus Gütersloh. Er muss kurz nach uns hier eingetroffen sein, denn er sitz schon bei seinem zweiten Moretti vor der Bar.
Wir ziehen weiter und Günther hat uns bald eingeholt.
Ein Mohnfeld erweckt unsere Aufmerksamkeit und außer uns Dreien ist niemand unterwegs.
Schnell erreicht man dann Abbadia Isola, unser Wasser ist alle, die erste Bar wird angesteuert und Kaffee und Mineralwasser geordert, das heißt, ich trink Wasser, mein Mann Kaffee, Günther kommt mit seinem für heute drittem Moretti aus der Bar.
Er berichtet, dass er 67 ist und schon zum Nordkap und sechsmal den Jakobsweg gelaufen ist. Das hier ist aber etwas ganz anderes. Günther ist mit Zelt unterwegs, in Herbergen übernachtet er nur aller paar Tage, wenn er meint, er müsse mal wieder duschen und Wäsche waschen.
Über uns erhebt sich Monteriggioni wie aus dem Bilderbuch. Die Stadt an sich kann man gar nicht erkennen, nur die Mauer und die Wachtürme. Der Aufstieg ist nicht schwer, drei Kurven und man hat das Stadttor erreicht. Heute am Sonntag haben viele Einheimische einen Ausflug hier her gemacht und kommen uns entgegen.
Wir sind beeindruckt und fühlen uns tatsächlich wie im Mittelalter, eine Piazza mit einem Brunnen und ringsherum die Häuser, wovon eines unsere heutige Unterkunft ist. Mit Günther im Schlepptau betreten wir das Ostello und Kosal, der junge Rumäne, der die Herberge betreut, empfängt uns sehr herzlich, wir hatten angerufen und bekommen ein Doppelzimmer. Für Günther hat er auch im Mehrbettzimmer ein Bett frei, da ist bis jetzt nur ein deutscher Pilger drin.
Es ist Lothar, den wir in Chianni schon kennen gelernt haben. Ihm erging es in Colle di Val d´Elsa ähnlich, er hatte Durst und war an der Bar schon vorbei. So etwas passiert einem auf dem Jakobsweg nicht, da führen die Wegweiser extra an jeder Bar vorbei, meint Lothar.
Die Herberge ist sehr schön und recht modern, was man in den Gemäuern nicht vermutet. Es gibt sogar eine Küche, die ist sauber und wir würden uns gern etwas kochen. Neben Restaurants hat das Dörfchen auf dem Berg auch einen Alimentari, einkaufen dort ist aber genau so teuer wie Essen gehen. Schade eigentlich, so kann man das Angebot der Küche gar nicht so richtig nutzen. Also bleibt es bei Brot und Käse und Schinken aus dem teuren Alimentari. Günthers Abendessen besteht aus einem weiteren Moretti.
In der Herberge sind noch zwei Holländer wie wir erfahren, als das Paar nach ihrem Erholungsschlaf zum Essen-Gehen aufbricht. Sie sind gestern in San Gimignano los gelaufen und haben sich nach 15 km gewundert, dass sie wieder dort ankamen. Dann sind sie nochmal los aber nur bis Colle di Val d´Elsa gekommen und heute hier herauf gestiegen.
Wir gehen zu Bett und Günther will sich morgen uns anschließen.
Laut Wanderführer gibt es bis Siena keine Einkehrmöglichkeit.


Erkenntnis des Tages:  Es muss auch mal genüssliche Tage geben.


San Gimignano, 6:30 Uhr, noch vor dem Touristenansturm



Blick zurück auf San Gimignano

am Weg

Pilgerimpressionen

da geht es heute noch hinauf - Monteriggioni

endlich angekommen (mit Günther)


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