Dienstag, 13. Mai 2014

Tag 10, 11.Mai 2014, Marina di Massa - Capezzano Pianore, 24 km


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11.05. Marina di Massa - Cappezano Pianore,  24 km

Hotel eco del Mare, 90,- Euro DZ, HP

Das nenn ich mal ein Frühstück heute, was das Herz begehrt, neben den vielen süßen Sachen gibt es auch Eier, Wurst und Käse, Säfte, Obst und Joghurt. Und wir genießen.
In der Nacht hat es geregnet und jetzt nieselt es noch etwas. Der Hotelchef bringt uns noch bis ans Tor. Er ist sehr nett und wenn man bereit ist, mal für eine Nacht zu investieren, können wir das Hotel eco del Mare sehr empfehlen.
Wir trödeln erst und schlenkern am menschenleeren Strand entlang, legen die Rucksäcke ab und beginnen damit, kleine abgeschliffene Marmorsteinchen zu sammeln, das beruhigt ungemein die Nerven, obwohl wir heute noch gar keinen Stress hatten.
Im Prinzip sind wir jetzt seit 2009 vom Atlantik bis zum Mittelmeer gelaufen.
Wir nehmen mal wieder nicht die ausgeschilderte Strecke, sondern die Strandpromenade bis Höhe Pietrasanta. Das geht recht flott und mir erschließt sich nicht der Sinn, weshalb man durch die Wegweiser gerade hier die Pilger von der Straße haben wollte. Die Promenade ist breit genug für Wanderer, Spaziergänger und Biker, man kommt mit dem Autoverkehr überhaupt nicht in Berührung.
Kurz vor Pietrasanta begrüßt an einem Kreisverkehr dann eine aus vielen übereinander angeordneten Marmordelfinen bestehende Figur den Wanderer.
Wir gehen zügig. Es ist bedeckt, regnete aber nicht.
Es ist Sonntag und viele Einwohner sind in ihren Gärten zugange. Wir grüßen immer freundlich und die Anwohner grüßen ebenso freundlich zurück. Als wir nun  auf einem kleinen Sträßchen entlang des Flusses Versilia so lang marschieren und wir wieder eine Frau in ihrem Garten mit „Buongiorno“ grüßen, muss sie irgendwie gemerkt haben, das wir Deutsche sind und sie spricht uns mit einem österreichischen Dialekt an. Woher ?  Wohin ? Na, dann sollen wir mal den Francesco recht herzlich grüßen.
Keine 100 m später bremst hinter uns plötzlich ein weißer Dacia. Drinnen sitzt die Österreicherin und meint: „ Dias loast mia jeatzt koane Ruha, i mecht ei guan oafwoarten,  vielleiAcht a Suppen oder a Glasel Wein ?“ (Das lässt mir jetzt keine Ruhe, ich möchte Euch gern aufwarten, vielleicht eine Suppe oder ein Glas Wein?)
Nun ist es ja so, dass man im richtigen Leben  zu oft Ja sagt und lernen muss auch mal Nein zu sagen.
Im Pilgerleben hingegen muss man ganz einfach lernen, Ja zu sagen, dankend anzunehmen, was einem angeboten wird. Und genau das muss man sich auf diesem Weg verinnerlichen. Bevor also mein Mann Nein sagt, sage ich schnell: „Ja, ein Gläschen Wein ist jetzt nicht schlecht.“ Außerdem sind wir ja zu Fuß unterwegs. Auch das muss man sich bewusst machen.
Schnell sind die Rucksäcke im Kofferraum verstaut und wir sitzen im weißen Dacia.
Und weil es sich um eine Einbahnstraße handelt, ist die Fahrt zurück mehr als 100 m und wir stellen uns gegenseitig im Telegrammstil vor.
Ute stammt aus Kärnten und lebt seit 30 Jahren hier, ist mit einem Italiener verheiratet und war bis vor kurzem im Marmorhandel selbständig. Jetzt haben sie aber einen Hund und das Paar geht nach Österreich zurück, der Mann ist mit dem Hund gerade in Klagenfurt.
Sie führt uns also ins Esszimmer mit einer herrlich großen weißen Marmortreppe, macht Suppe warm, stellt Gebäck hin und Wasser. Von der Via Francigena hat sie noch nie etwas gehört, sie wusste gar nicht, dass in unmittelbare Nähe ihres Hauses dieser Wege nach Rom entlang führt.
Mit Marmor kennt sie sich gut aus, wir zeigen ihr die am Strand gesammelten Steine und sie bestätigt, dass es Marmor ist. Sie ist zwar nicht gläubig, sagt sie, aber wenn man dem Marmor von Carrara sieht, wie ihn die Natur geschaffen hat, könnte man gläubig werden. In der Nähe von Siena hat die Familie einen kleinen Weinberg und jetzt steigt sie in den Keller und will ein Fläschchen holen. Und das ist jetzt wirklich passiert, als sie wieder hoch kommt gehen wieder zwei Wanderer an ihrem Garten vorbei und grüßen, auch sie sind Deutsche und auch sie bittet jetzt Ute zum Wein herein. Sie werden allerdings in Pietrasanta erwartet. Ich erhasche nur noch einen Blick durch die Gardinen von den beiden.
Viele Häuser waren mit blau-roten Bannern geschmückt und wir fragen Ute, was es damit auf sich hat. Ähnlich wie in Siena schmückt die Contrade des Palio-Gewinners ihre Häuser., denn im Nachbarort wird jährlich ein Palio veranstaltet, allerdings nicht mit Pferden sondern mit Eseln, das ist immer ein Mordsgaudi, wenn die störrischen Viecher in die entgegengesetzte Richtung laufen, vom Palio in Siena mit den Pferden hält sie nicht viel, das ist Tierquälerei.
Als wir nach je zwei Gläschen nun mal aufbrechen wollen, meint Ute, dass sie uns jetzt da hin fährt, wo wir jetzt wären. Das kann man aber bei uns nie so recht sagen und die 100 m gehen wir eben zweimal, oft genug schon sind wir mehr als 100 m zweimal gelaufen. Alles kein Problem. So, und jetzt packt Ute ein, das Gebäck muss in den Rucksack, sie bringt mehre Wasserflaschen und die Flasche Wein soll auch noch mit, das geht aber leider nicht. Aber ein Glas selbstgemachtes Sugo, wenn wir mal wieder selbst kochen, das muss sein.

Herzlich verabschieden wir uns. Wir ziehen weiter, gehen ein zweites Mal an den großen Kakteen in den Gärten vorbei und bestaunen zum zweiten Mal die großen Marmorbrocken im Flüsschen und sie geht ins Haus, wird ihren Mann in Österreich davon erzählen und jetzt erst einmal Formel 1 schauen.
Pietrasanta ist ein schönes Städtchen, leider hat die Kirche zu. Heute ist Muttertag, es sind viele bunte Stände aufgebaut. Des Wetters wegen herrscht allerdings kein großes Treiben auf der Piazza mit dem Pferdekunstwerk.
Unser heutiges Ziel heißt Cappezzano-Pianore und liegt zwischen Pietrasanta und Camaiore.
Kurz hinter dem Ort, muss ich mal für kleine Mädchen, denn Utes Wein drückt.
Mein Mann checkt nochmal die Karte und ein junger Bursche kommt auf uns zu, ob wir etwas trinken möchten. Es ist nicht heiß heute und mit Wasser sind wir ausreichen versorgt. „Aber darf ich mal bei Euch auf die Toilette?“  frage ich. Er führt mich ins Haus, die Mama führt mich ins Bad und als ich wieder heraus komme, sitzt mein Mann am großen runden Tisch im Hof. Da sitzen auch noch Oma und Opa, Schwester und Schwager und ein befreundetes Paar. Es ist die Familie Bigi und die beiden Hunde der Bigis, Maya und Melody, schlecken gerade meinen Mann ab, denn auch ohne große Hitze kommt man beim Wandern ins Schwitzen und Schweiz schmeckt ja schön salzig.
Und jetzt gibt es wieder Wasser und Wein und weil  gerade die Dessertrunde eingeläutet wird, für jeden von uns ein Schälchen Erdbeeren mit Schlagsahne und anschließend Espresso. Grazie.
Familie Bigi will viel wissen, sie kennen die Via Francigena, und wir unterhalten uns auf Englisch. Ich sage Robertos Frau, dass solche Begegnungen und dieser Gastfreundschaft das Herz erwärmen und sie nickt verständnisvoll. Es wird noch recht lustig, aber wir müssen los.
Es dauert noch sehr lange bis wir die heutige Unterkunft finden. Eine Öko-Bio-Gärtnerei.
Betrieben von einem älteren Paar, Alberto züchtet Tomaten und Pina war früher Französischlehrerin. Eine französische Krankenschwester namens Camilla hilft hier gerade einige Tage.
Man zeigt uns ein Gartenhäuschen für diese Nacht. Ich bin kaputt und verkrieche mich nach dem Duschen erst einmal in den Schlafsack. Wifi gibt es nicht.
Zum Abendessen, das für mich zwar in Ordnung war, für müde und hungrige Pilger allerdings etwas spartanisch, gibt es südamerikanischen Sago mit einer spinatähnlichen Suppe, dazu Quiche und Salat aus eigenem Anbau mit vielen bunten Blüten. Zu Trinken gibt es Kräutertee, bestehend aus Fenchel, Anis und Lakritze. Nur gut, dass wir bei Ute und Familie Bigi "Ja" gesagt hatten.
Als sich mein Mann und Camille über Froschschenkel unterhalten, denn Alberto hat einen Froschteich im Garten, wird der Hausherr etwas wütend und meint nur, man isst keine Tiere, die solle man in Frieden lassen. Sonst ist er aber ganz nett und berichtet  begeistert von blauen und weißen Tomaten.
Das Centro di Vita naturale liegt auf einem Hügel und wir fotografieren noch den Sonnenuntergang Richtung Lido di Camaiore und verschwinden in den Schlafsäcken.


Erkenntnis des Tages:  Man muss auch einmal (zweimal) „JA“ sagen können !




vom Atlantik (2009) bis zum Mittelmeer (2014)



Pilgerspuren im Sand

alles Marmor - Piazza Bad Kissingen in Marina di Massa
Ute - kärntnerische Gastfreundschaft und toskanischer Wein


Pietrasanta
italienische Gastfreundschaft bei Familie Bigi


ökologisch - biologisch - vegetarisches Pilgermenü

Sundowner

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