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11.05. Marina di Massa - Cappezano Pianore, 24 km
11.05. Marina di Massa - Cappezano Pianore, 24 km
Hotel eco del Mare, 90,- Euro DZ, HP
Das nenn ich mal ein Frühstück heute, was das Herz
begehrt, neben den vielen süßen Sachen gibt es auch Eier, Wurst und Käse,
Säfte, Obst und Joghurt. Und wir genießen.
In der Nacht hat es geregnet und jetzt nieselt es noch
etwas. Der Hotelchef bringt uns noch bis ans Tor. Er ist sehr nett und wenn man
bereit ist, mal für eine Nacht zu investieren, können wir das Hotel eco del
Mare sehr empfehlen.
Wir trödeln erst und schlenkern am menschenleeren Strand
entlang, legen die Rucksäcke ab und beginnen damit, kleine abgeschliffene
Marmorsteinchen zu sammeln, das beruhigt ungemein die Nerven, obwohl wir heute
noch gar keinen Stress hatten.
Im Prinzip sind wir jetzt seit 2009 vom Atlantik bis zum Mittelmeer
gelaufen.
Wir nehmen mal wieder nicht die ausgeschilderte Strecke,
sondern die Strandpromenade bis Höhe Pietrasanta. Das geht recht flott und mir
erschließt sich nicht der Sinn, weshalb man durch die Wegweiser gerade hier die
Pilger von der Straße haben wollte. Die Promenade ist breit genug für Wanderer,
Spaziergänger und Biker, man kommt mit dem Autoverkehr überhaupt nicht in Berührung.
Kurz vor Pietrasanta begrüßt an einem Kreisverkehr dann
eine aus vielen übereinander angeordneten Marmordelfinen bestehende Figur den
Wanderer.
Wir gehen zügig. Es ist bedeckt, regnete aber nicht.
Es ist Sonntag und viele Einwohner sind in ihren Gärten
zugange. Wir grüßen immer freundlich und die Anwohner grüßen ebenso freundlich zurück.
Als wir nun auf einem kleinen Sträßchen
entlang des Flusses Versilia so lang marschieren und wir wieder eine Frau in
ihrem Garten mit „Buongiorno“ grüßen, muss sie irgendwie gemerkt haben, das wir
Deutsche sind und sie spricht uns mit einem österreichischen Dialekt an. Woher
? Wohin ? Na, dann sollen wir mal den
Francesco recht herzlich grüßen.
Keine 100 m später bremst hinter uns plötzlich ein weißer
Dacia. Drinnen sitzt die Österreicherin und meint: „ Dias loast mia jeatzt
koane Ruha, i mecht ei guan oafwoarten,
vielleiAcht a Suppen oder a Glasel Wein ?“ (Das lässt mir jetzt keine Ruhe,
ich möchte Euch gern aufwarten, vielleicht eine Suppe oder ein Glas Wein?)
Nun ist es ja so, dass man im richtigen Leben zu oft Ja sagt und lernen muss auch mal Nein
zu sagen.
Im Pilgerleben hingegen muss man ganz einfach lernen, Ja
zu sagen, dankend anzunehmen, was einem angeboten wird. Und genau das muss man
sich auf diesem Weg verinnerlichen. Bevor also mein Mann Nein sagt, sage ich
schnell: „Ja, ein Gläschen Wein ist jetzt nicht schlecht.“ Außerdem sind wir ja
zu Fuß unterwegs. Auch das muss man sich bewusst machen.
Schnell sind die Rucksäcke im Kofferraum verstaut und wir
sitzen im weißen Dacia.
Und weil es sich um eine Einbahnstraße handelt, ist die
Fahrt zurück mehr als 100 m und wir stellen uns gegenseitig im Telegrammstil
vor.
Ute stammt aus Kärnten und lebt seit 30 Jahren hier, ist
mit einem Italiener verheiratet und war bis vor kurzem im Marmorhandel
selbständig. Jetzt haben sie aber einen Hund und das Paar geht nach Österreich
zurück, der Mann ist mit dem Hund gerade in Klagenfurt.
Sie führt uns also ins Esszimmer mit einer herrlich
großen weißen Marmortreppe, macht Suppe warm, stellt Gebäck hin und Wasser. Von
der Via Francigena hat sie noch nie etwas gehört, sie wusste gar nicht, dass in
unmittelbare Nähe ihres Hauses dieser Wege nach Rom entlang führt.
Mit Marmor kennt sie sich gut aus, wir zeigen ihr die am Strand
gesammelten Steine und sie bestätigt, dass es Marmor ist. Sie ist zwar nicht
gläubig, sagt sie, aber wenn man dem Marmor von Carrara sieht, wie ihn die Natur
geschaffen hat, könnte man gläubig werden. In der Nähe von Siena hat die Familie
einen kleinen Weinberg und jetzt steigt sie in den Keller und will ein Fläschchen
holen. Und das ist jetzt wirklich passiert, als sie wieder hoch kommt gehen
wieder zwei Wanderer an ihrem Garten vorbei und grüßen, auch sie sind Deutsche
und auch sie bittet jetzt Ute zum Wein herein. Sie werden allerdings in
Pietrasanta erwartet. Ich erhasche nur noch einen Blick durch die Gardinen von
den beiden.
Viele Häuser waren mit blau-roten Bannern geschmückt und
wir fragen Ute, was es damit auf sich hat. Ähnlich wie in Siena schmückt die
Contrade des Palio-Gewinners ihre Häuser., denn im Nachbarort wird jährlich ein
Palio veranstaltet, allerdings nicht mit Pferden sondern mit Eseln, das ist
immer ein Mordsgaudi, wenn die störrischen Viecher in die entgegengesetzte Richtung
laufen, vom Palio in Siena mit den Pferden hält sie nicht viel, das ist
Tierquälerei.
Als wir nach je
zwei Gläschen nun mal aufbrechen wollen, meint Ute, dass sie uns jetzt da hin
fährt, wo wir jetzt wären. Das kann man aber bei uns nie so recht sagen und die
100 m gehen wir eben zweimal, oft genug schon sind wir mehr als 100 m zweimal gelaufen.
Alles kein Problem. So, und jetzt packt Ute ein, das Gebäck muss in den Rucksack,
sie bringt mehre Wasserflaschen und die Flasche Wein soll auch noch mit, das
geht aber leider nicht. Aber ein Glas selbstgemachtes Sugo, wenn wir mal wieder
selbst kochen, das muss sein.
Herzlich verabschieden wir uns. Wir ziehen weiter, gehen
ein zweites Mal an den großen Kakteen in den Gärten vorbei und bestaunen zum
zweiten Mal die großen Marmorbrocken im Flüsschen und sie geht ins Haus, wird
ihren Mann in Österreich davon erzählen und jetzt erst einmal Formel 1 schauen.
Pietrasanta ist ein schönes Städtchen, leider hat die
Kirche zu. Heute ist Muttertag, es sind viele bunte Stände aufgebaut. Des
Wetters wegen herrscht allerdings kein großes Treiben auf der Piazza mit dem
Pferdekunstwerk.
Unser heutiges Ziel heißt Cappezzano-Pianore und liegt
zwischen Pietrasanta und Camaiore.
Kurz hinter dem Ort, muss ich mal für kleine Mädchen,
denn Utes Wein drückt.
Mein Mann checkt nochmal die Karte und ein junger Bursche
kommt auf uns zu, ob wir etwas trinken möchten. Es ist nicht heiß heute und mit
Wasser sind wir ausreichen versorgt. „Aber darf ich mal bei Euch auf die
Toilette?“ frage ich. Er führt mich ins
Haus, die Mama führt mich ins Bad und als ich wieder heraus komme, sitzt mein Mann
am großen runden Tisch im Hof. Da sitzen auch noch Oma und Opa, Schwester und
Schwager und ein befreundetes Paar. Es ist die Familie Bigi und die beiden
Hunde der Bigis, Maya und Melody, schlecken gerade meinen Mann ab, denn auch
ohne große Hitze kommt man beim Wandern ins Schwitzen und Schweiz schmeckt ja
schön salzig.
Und jetzt gibt es wieder Wasser und Wein und weil gerade die Dessertrunde eingeläutet wird, für
jeden von uns ein Schälchen Erdbeeren mit Schlagsahne und anschließend Espresso.
Grazie.
Familie Bigi will viel wissen, sie kennen die Via
Francigena, und wir unterhalten uns auf Englisch. Ich sage Robertos Frau, dass
solche Begegnungen und dieser Gastfreundschaft das Herz erwärmen und sie nickt
verständnisvoll. Es wird noch recht lustig, aber wir müssen los.
Es dauert noch sehr lange bis wir die heutige Unterkunft
finden. Eine Öko-Bio-Gärtnerei.
Betrieben von einem älteren Paar, Alberto züchtet Tomaten
und Pina war früher Französischlehrerin. Eine französische Krankenschwester
namens Camilla hilft hier gerade einige Tage.
Man zeigt uns ein Gartenhäuschen für diese Nacht. Ich bin
kaputt und verkrieche mich nach dem Duschen erst einmal in den Schlafsack. Wifi
gibt es nicht.
Zum Abendessen, das für mich zwar in Ordnung war, für
müde und hungrige Pilger allerdings etwas spartanisch, gibt es südamerikanischen
Sago mit einer spinatähnlichen Suppe, dazu Quiche und Salat aus eigenem Anbau
mit vielen bunten Blüten. Zu Trinken gibt es Kräutertee, bestehend aus Fenchel, Anis und
Lakritze. Nur gut, dass wir bei Ute und Familie Bigi "Ja" gesagt hatten.
Als sich mein Mann und Camille über Froschschenkel
unterhalten, denn Alberto hat einen Froschteich im Garten, wird der Hausherr etwas wütend und meint nur, man
isst keine Tiere, die solle man in Frieden lassen. Sonst ist er aber ganz nett
und berichtet begeistert von blauen und weißen Tomaten.
Das Centro di Vita naturale liegt auf einem Hügel und wir
fotografieren noch den Sonnenuntergang Richtung Lido di Camaiore und verschwinden
in den Schlafsäcken.
Erkenntnis
des Tages: Man muss auch einmal (zweimal)
„JA“ sagen können !
vom Atlantik (2009) bis zum Mittelmeer (2014)
alles Marmor - Piazza Bad Kissingen in Marina di Massa
Ute - kärntnerische Gastfreundschaft und toskanischer Wein
italienische Gastfreundschaft bei Familie Bigi
ökologisch - biologisch - vegetarisches Pilgermenü
Sundowner
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