06. Mai 2024, Theoule-sur-Mer - Saint Raphael
Ja, da sind wir wieder. Das eine muss man der französischen Bahn lassen, während in Deutschland mal ein Zug nach Nirgendwo fuhr und heute ab und zu nirgendwo ein Zug fährt, ist die Bahn unseres Nachbarlandes auf die Minute genau von Strassburg im Elsass bis an die Cote Azur, ist man gar nicht mehr gewöhnt. Leider war es bereits dunkel als wir hier unten ankamen, so dass man dass Meer nur erahnen konnte. Drei Minuten vom Bahnhof bis zum Hotel und ab ins Bett, denn eine lange Zugfahrt kann auch ermüden. Um so größer war heute Morgen die Überraschung, obwohl uns booking com ein Zimmer mit Blick zum Hof „versprach“, blickten wir direkt auf Meer, super. Für drei Tage haben wir uns im Le Mediterranee in Saint Raphael einquartiert, um es ganz langsam anzugehen, denn in diesem Jahr ist geplant, die Via Aurelia fertig zu laufen, um endlich auf der Via Tolosana weiter zu laufen und Santiago näher zu kommen.
Können ja nicht ewig trödeln, auch Pilgerwege sind kein Jungbrunnen.
Unsere letztjährige Tour haben wir in Theoule sur Mer beendet und werden sie dort fortsetzen. Also geht’s heute Morgen zunächst mit der verlässlichen SNCF nach Theoule sur Mer zur Villa Saint Camille, hier wollen wir Richtung Saint Raphael gehen, morgen den ersten Ruhetag einlegen und noch ein bisschen Cote Azur genießen, bevor die Strecken länger werden und es ins Landesinnere geht, denn Wasser und Meer kiegen wir voraussichtlich erst wieder in Finisterre zu sehen, gute 1600 km also noch.
Als wir in der Villa Saint Camille ankommen und drei Etagen mit dem Fahrstuhl durch den Felsen nach oben zur Rezeption fahren, beginnt es zu regnen. Der obligatorische Stempel im Pilgerpass, einen dünnen Cappuccino gibt’s auf der Terrasse mit Blick zum bewölkten Himmel und aufs graue Meer, heute nicht azur. Ich bewundere die hübschen Strelitzien in den großen Terracottatöpfen und beobachte den Regen, der auf sie herniederprasselt. Nach einer langen Kaffeepause machen wir uns schließlich auf den Weg, und siehe da, kurz nach dem wir starten, lugt die Sonne hervor und scheint bis in den Abend hinein.
Nach etwa 40 Minuten kommen wir zum afrikanischen Monument Notre Dame, eine ca 10 m hohe stählerne Statue, die an die Opfer des Algerienkrieges erinnern soll. Ein kurzer Drohnenflug, eine Rast und weiter geht’s.
Wir sind ziemlich weit über dem Meer. Es ist das Esterell-Gebirge, roter Sandstein. Der Pilger und Wanderer muss hier herauf, um die vielen Buchten und Landzungen zu umgehen und nicht auf der Straße laufen zu müssen.
Nachdem wir de Col Theoule passiert haben, steigen wir nach Trayas ab, für heute und fürs Einlaufen reichen 12 km. Die mickrige Strandbar hat geöffnet und wir lassen einen Liter Wasser in uns hinein laufen, zu essen gibt’s nichts mehr, der Wirt bietet uns noch restliche Desserts an, will aber für ein Stück Schokokuchen 10 Euro, wir lehnen dankend ab.
Mit dem Bus geht’s zurück nach St. Raphael und an der Haltestelle spricht uns ein älterer Einheimischer an, wir outen uns als Deutsche und wie so oft will man dann wissen, aus welcher Ecke Deutschlands man denn käme. Wir sagen dann immer München oder Stuttgart oder Karlsruhe, und siehe da, er fragt, ob wir Landau in der Pfalz kennen, vor 40 Jahren war er dort stationiert, erzählt von Kaiserslautern und Neustadt und dass seine Regimentskommandatur wohl in Karlsruhe war.
Sein Freund, so berichtet der Mann, ist auch mit einer deutschen Frau verheiratet, die stammt aus Dessau. Man, wie klein die Welt doch ist.
Und das sind die schönen Überraschungen auf solch einem Weg, die Begegnungen mit den Menschen, die von sich erzählen und plötzlich gibts, egal wie weit weg man von daheim ist, Gemeinsamkeiten, bis der Bus kommt.
In Saint Raphael wird schnell noch fürs Abendessen eingekauft und über die immensen Preise im Spar-Markt gestaunt, ist eben Touristengebiet. Das Zimmer hat eine kleine Kichenette und es gibt das obligatorische Pilgermenü Nudeln mit Tomatensoße und ein Bier.
Morgen ist Ruhetag.
Erkenntnis des Tages: Lass es langsam angehen. Langsam.
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