View Larger Map
In Google Maps ansehen, hinein zoomen = unsere Streckenführung !
18.05. 2014 San Gimignano - Monteriggioni 31,5 km
Gästehaus Monastero S. Girolamo, DZ 50,- Euro
Als ich heute Morgen kurz nach sechs die Fensterläden
öffne geht gerade die Sonne auf, es wird ein schöner Tag.
Kurz nach sieben verlassen wir ganz leise das Haus, auf
Frühstück verzichten wir. Es kommt bestimmt eine Bar.
Das Städtchen ist noch menschenleer, lediglich zwei junge
Leute bitten uns, ein Foto von ihnen zu machen. Es ist angenehm, touristische
Hochburgen ohne Touristen zu durchschreiten. Cafés und Restaurants, Geschäfte
und Eisdielen sind noch geschlossen. Die Stadt schläft noch am Sonntagmorgen.
Zwanzig Minuten hinter San Gimignano lädt eine Bank zur Rast
ein. Wir mussten oft genug an nassen Bänken vorbei marschieren, heute lacht die
Sonne und wir lassen uns mal wieder alle Zeit der Welt, sitzen und genießen den Blick auf
San Gimignano, das bereits über uns thront und im Dörfchen Santa Lucia schlägt
die Kirchturmuhr gerade halb acht.
Es geht wieder über Wiesen und durch Wälder, an Weinbergen
und einer Wallnussbaum-Plantage vorbei. Wir gehen heute selbst im schattigen
Wald nur im T-Shirt. Zunächst sind kaum Höhenmeter zu überwinden, so dass man
nicht ins Schwitzen kommt und ich genieße es, mal nicht ein T-Shirt zum Trocknen
an den Rucksack hängen zu müssen, der Rücken bleibt heute trocken.
Kurz vor Quartia kommt man aus dem Wald heraus und es ist
Zeit für die Frühstückspause und den Café. Leider hat das erste und einzige Café
bis Colle di Val d´Elsa geschlossen. Zum Glück haben wir genügend Wasser dabei.
Heute ist wirklich Genusswandern angesagt, wieder geht es
durch Laubwald, die Bäche und Furthen sind mit Hilfe großer Steine und großer Schritte
zu überwinden.
Auf den Wegen können wir Kalksteine mit Fossilien
entdecken, Muschelabdrücke in allen Größen, passt ja auch ein bisschen zum Weg.
Allerdings muss man
auch an zwei wahrscheinlich illegal angelegten schäbigen
Hundezuchtanlagen vorbei. Obwohl die Tiere einem Leid tun, habe ich immer den Hundeabschrecker
griffbereit.
In Colle di Val d´Elsa wird man wieder mit der Kirche ums
Dorf geführt. Man betritt den Ort, wird über eine Wohnsiedlung bis zum
Kreisverkehr geleitet, der den Pilger wieder aus dem Ort heraus führt, obwohl
es breite Gehwege gibt und die einzige Bar und Gelateria an der Straße liegt,
an welcher man gerade umgeleitet wurde. Wir haben Hunger und es ist Mittagszeit.
Man geht also wieder ins Dorf zurück. Blöde Markierung. Mit Pasta und Lasagne
gestärkt verlassen wir das Restaurant und jetzt hat die Eisdiele geschlossen.
Nochmals blöde Markierung. Ich entdecke den grünen Rucksack mit dem blauen
Schirm, der dem etwas hilflosem Pilger von gestern Abend gehört. Wie sich
später heraus stellt ist es Günther aus Gütersloh. Er muss kurz nach uns hier
eingetroffen sein, denn er sitz schon bei seinem zweiten Moretti vor der Bar.
Wir ziehen weiter und Günther hat uns bald eingeholt.
Ein Mohnfeld erweckt unsere Aufmerksamkeit und außer uns
Dreien ist niemand unterwegs.
Schnell erreicht man dann Abbadia Isola, unser Wasser ist
alle, die erste Bar wird angesteuert und Kaffee und Mineralwasser geordert, das
heißt, ich trink Wasser, mein Mann Kaffee, Günther kommt mit seinem für heute
drittem Moretti aus der Bar.
Er berichtet, dass er 67 ist und schon zum Nordkap und
sechsmal den Jakobsweg gelaufen ist. Das hier ist aber etwas ganz anderes.
Günther ist mit Zelt unterwegs, in Herbergen übernachtet er nur aller paar Tage,
wenn er meint, er müsse mal wieder duschen und Wäsche waschen.
Über uns erhebt sich Monteriggioni wie aus dem
Bilderbuch. Die Stadt an sich kann man gar nicht erkennen, nur die Mauer und
die Wachtürme. Der Aufstieg ist nicht schwer, drei Kurven und man hat das
Stadttor erreicht. Heute am Sonntag haben viele Einheimische einen Ausflug hier
her gemacht und kommen uns entgegen.
Wir sind beeindruckt und fühlen uns tatsächlich wie im
Mittelalter, eine Piazza mit einem Brunnen und ringsherum die Häuser, wovon
eines unsere heutige Unterkunft ist. Mit Günther im Schlepptau betreten wir das
Ostello und Kosal, der junge Rumäne, der die Herberge betreut, empfängt uns
sehr herzlich, wir hatten angerufen und bekommen ein Doppelzimmer. Für Günther
hat er auch im Mehrbettzimmer ein Bett frei, da ist bis jetzt nur ein deutscher
Pilger drin.
Es ist Lothar, den wir in Chianni schon kennen gelernt
haben. Ihm erging es in Colle di Val d´Elsa ähnlich, er hatte Durst und war an
der Bar schon vorbei. So etwas passiert einem auf dem Jakobsweg nicht, da
führen die Wegweiser extra an jeder Bar vorbei, meint Lothar.
Die Herberge ist sehr schön und recht modern, was man in
den Gemäuern nicht vermutet. Es gibt sogar eine Küche, die ist sauber und wir
würden uns gern etwas kochen. Neben Restaurants hat das Dörfchen auf dem Berg
auch einen Alimentari, einkaufen dort ist aber genau so teuer wie Essen gehen.
Schade eigentlich, so kann man das Angebot der Küche gar nicht so richtig
nutzen. Also bleibt es bei Brot und Käse und Schinken aus dem teuren
Alimentari. Günthers Abendessen besteht aus einem weiteren Moretti.
In der Herberge sind noch zwei Holländer wie wir
erfahren, als das Paar nach ihrem Erholungsschlaf zum Essen-Gehen aufbricht.
Sie sind gestern in San Gimignano los gelaufen und haben sich nach 15 km
gewundert, dass sie wieder dort ankamen. Dann sind sie nochmal los aber nur bis
Colle di Val d´Elsa gekommen und heute hier herauf gestiegen.
Wir gehen zu Bett und Günther will sich morgen uns
anschließen.
Laut Wanderführer gibt es bis Siena keine
Einkehrmöglichkeit.
Erkenntnis
des Tages: Es muss auch mal genüssliche Tage
geben.
San Gimignano, 6:30 Uhr, noch vor dem Touristenansturm
Blick zurück auf San Gimignano
am Weg
Pilgerimpressionen
da geht es heute noch hinauf - Monteriggioni
endlich angekommen (mit Günther)