Mittwoch, 8. Juni 2011

Tag 6, 08.Juni 2011, Yverdon nach Orbe, 14km

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Rosemarie Häfeli, Yverdon-le-Bains,   80,- CHF   Halbpension

Als wir heute Morgen aufwachen, regnet es. Wir gehen zum Frühstück ins Esszimmer und Rosmarie entschuldigt sich für das schlechte Wetter.  Die arme Frau kann doch auch nichts dafür. Es gibt Croissants, Milchbrötchen, Knäckebrot, selbstgemachte Marmeladen, Honig und Birchermüsli.
Rosmarie frühstückt mit uns gemeinsam. Wir reden über Schweizer Schokolade und Spreewaldgurken.
Um 9 Uhr verabschieden wir uns,  haben gleich das Capes angezogen.  Wir müssen ihr versprechen, aus Rom eine Karte zu schicken, auch sie steht noch lange in der Tür und winkt.
Zunächst geht es erst einmal wieder eine halbe Stunde durchs ruhige Wohnviertel Richtung belebte Stadt und Zentrum, Schade, dass es regnet, die Innenstadt ist wirklich hübsch, viele Boutiquen und Cafes. Allein der Gedanke an meinen Rucksack, lässt mich schnurstracks an den vielen Schuhgeschäfterln vorbei gehen.
Straße wollen wir vermeiden, also das schlaue GPS eingeschaltet und eine kleine landwirtschaftlich genutzte Asphaltstraße genommen, immer geradeaus. Rechts Kartoffeln und Raps, links ein Bewässerungsgraben. Es ist schon langweilig, ich denke an Everdiene, unsere niederländsche Pilgerfreundin, Alke-Brigitte aus Maintal, die gerade allein von Reims nach Besancon unterwegs ist und Hermann Brenner, sie alle sind hier ganz allein durchgezogen, Respekt.
So richtig Rast können wir auch nicht machen, alles nass. Immer weiter geradeaus. Dann kommt ein Sackgassenschild, auf einem Feldweg geht es aber weiter, immer schön den Bewässerungsgraben links von uns.
Da, plötzlich ein Zaun, das Tor ist geschlossen, er verläuft aber nur quer zum Weg, dahinter geht es weiter. Wir schlängeln und also um den Zaun drum herum, immer schön vorsichtig, nicht in den Graben rutschen, der Hang zum Graben ist etwa zwei Meter tief.
Wir sehen schon die Autobahnbrücke und dahinter Orbe. Rechts kann man  die nebelverhangenen Berger von Saint Croix sehen, heute könnte man nicht durch die Schlucht wandern.
So richtige Lust kommt bei mir nicht auf. Ich möchte so gern mal wieder richtig waschen.
Da, der nächste Zaun, ach du superschlaues GPS !
Der aber verläuft nicht nur quer sondern auch längs zum Bach, mein Mann macht es vor, einfach daran lang hangeln, 25 Meter, dann kommt die Straße und noch ein Stück und wir sind in Orbe.
Nach zehn Metern streike ich, mein Instinkt sagt, umdrehen, ich kann es mir einfach nicht leisten, in den Graben zur rutschen, wo ich mein ganzes Hab und Gut wie ein Schneckenhaus mit mir rumschleppe, das darf nicht nass werden.
Ich drehe also  um, checke die Lage und gehe rechts über ein Zuckerrübenfeld, ohne die Pflänzchen zu zerstören. Die schwarze Erde, die übrigens kein Asphalt sondern Torf ist,  klebt an meinen Schuhen sie werden immer schwerer. Nach 50 Meter erreiche ich die Straße, versuche in den Pfützen die Schuhe abzuspülen und warte auf meinen Göttergatten, der ja, da ich nach links gegangen bin, jetzt von rechts auftauchen müsste. Aber, nichts. Nun marschiere ich auf der Straße in seine Richtung und überlege allen Ernstes, ob ich die Trillerpfeifer, die um meinem Hals hängt, zum Einsatz bringen soll, die habe ich immer dabei, um zu signalisieren, wo ich stecke, falls ich mal verloren gehe oder um ein alpines Notsignal abzusetzen. Dabei weiß ich nicht wie das geht.
Verdammt, jetzt gehe ich selbst zum Maschendrahtzaun, kein Pilger, kein Mann, einfach nichts. Vorsichtshalber gehe ich noch ganz dicht heran, um sicher zu sein, dass auch wirklich niemand im Graben liegt. Wo steckt der nur ?



Text Hans-Jürgen:
Heute wanderten wir den von Google Maps vorgeschlagenen Weg von Yverdon nach Orbe. Es ging immer an einem kleinen Kanal entlang. Von Yverdon Ortsausgang bis zum Hotel in Orbe waren es noch ca.9,7km.
Drei km vor unserem Ziel versperrte uns nun zum zweiten Mal ein Zaun den Weg. Ich dachte mir „Privatbesitz – nicht für uns Pilger“. Also hangelte ich mich zwischen Zaun und dem Kanal an einem steilen Hang entlang vor zur Straße nach Orbe, die ich bereits sehen konnte. Kerstin folgte mir zuerst, kehrte dann  jedoch um. Die Angst abzurutschen und sich dabei zu verletzen war größer. Ich dachte mir schon, dass sie den Weg quer über das Feld zur Straße nehmen würde. Für mich gab es jedoch kein zurück – „da musst du durch!“
Am Ende des Zauns landete ich jedoch nicht an der Straße, denn  der bog vorher nochmals nach links ab und führte mich stracks in eine Kaserne des Schweizer Militärs.
Dort angekommen meldete ich mich höflich an der Wache und bat um Auslass. Die Augen der Securitas  Angestellten wurden groß. Da sie nur französisch sprachen, verstanden Sie mich nicht.
Nach einem Telefonat erschien ein  junger Soldat bewaffnet mit Maschinengewehr und Hund.
Ich sah mich schon breitbeinig, die Hände hinterm Kopf, doch sind wir ja in der Schweiz und nicht in Amerika.  Also – er sprach ein wenig deutsch und so erklärte ich ihm, dass ich pilgere und  auf meinem Weg nach Rom ausversehen hier in der Kaserne gelandet bin. Seine Frage, ob ich denn die Verbotsschilder nicht gesehen hätte, verneinte ich besser und so wurden meine Personalien vom deutschen Personalausweis aufgenommen, Name, Vorname von der Vorderseite und Größe sowie Augenfarbe von der Rückseite schrieb er sich gewissenhaft in sein Notizbuch. Nach ein paar erklärenden Worten über die Via Francigena  wurde das Tor geöffnet und ich war endlich frei!
Beim Abschied wünschte ich ein „au revoir“ und er mir ein“ Tschüss“
Nun sputete ich mich aber, um Kerstin wieder einzuholen.


Text Kerstin:
Schnell und lachend erreichen wir dann Orbe, finden unser Hotel und wollen erst mal die nassen Klamotten abwerfen. Um uns anzumelden, müssen wir durch das Restaurant, drinnen ist es duster und es sitzen auch lauter dustere Gestalten darin, sie schauen uns mitleidig an. Und als ich so an mir herunterschaue mit dem halben Rübenacker an den Schuhe, den getrockneten Schlamm von Montpetot  an der Hose und dem supersexy olivgrünen Regencape, habe ich fast selbst Mitleid mit mir.
 Das Hotel ist sauber aber nüchtern. Es gibt eine Badewanne, die ist auch sauber, und mein Mann pflegt erst einmal seinen kaputten Rücken. Ich mache unterdessen noch einen zwei Kilometer langen Abstecher zu den Römischen Mosaiken, dabei handelt es sich um eine römische Wohnanlage von 200 n.Chr., die vor einigen Jahren hier entdeckt wurde. Es ist schon interessant, aber ich bin müde und setze mich erst einmal auf eine Mauer, ganz hinten ist die Kaserne zu sehen. Eine Gruppe Restauratoren, die gerade Feierabend machen, nehmen mich dannh in die Stadt mit zurück.
Den Stempel für den Pilgerpass hole ich mir im Touristenbüro ab. Die junge Frau ist nett und spricht deutsch, sie gibt uns noch ein paar Prospekte für Romainmotier, da geht es morgen früh beizeiten hin und dann über la Sarraz nach Vufflens la Ville.

Erkenntnis des Tages: Viele Umwege führen nach Rom !


 Am Zaun


Orbe

römische Mosaike

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