Sonntag, 14. Mai 2017

Tag 17, 14.05.2017, von Valpromaro nach Pietrasanta

14.05.2017, von Valpromaro nach Pietrasanta, 18 km

Casa Pellegrino Valpromaro, Spende

Um halb acht gibt’s Frühstück. Die beiden Hospitaleros, Giuseppe und Roberto, haben liebevoll den Tisch gedeckt und fünf Nationen sitzen beisammen. Herrlich.



Giuseppe, Roberto und Italo

 
 Cathy aus Manchester

Auf den im Aufenthaltsraum hängenden Landkarten zeigen wir uns gegenseitig unsere Heimtorte und wo jeder gestartet ist.
Die Verabschiedung ist sehr herzlich. Ich drücke Italo nochmal ganz fest, wieder stehen ihm Tränen in den Augen. Joke und Frans haben unsere blog-Adresse und werden in Zukunft ab und zu mal reinschauen, ihr Ziel heißt Rom.
Guiseppe beschreibt nochmals ausführlich den Weg nach Pietrasanta und wir ziehen los.


Keine Stunde vergeht und es kommen bereits die ersten Pilger entgegen, die beiden Italiener sind halb fünf in Pietrasanta gestartet und gehen bis Lucca. Das nennt man Pilgermarathon. Heute ist Muttertag, viele Biker und Jogger begegnen uns, grüßen freundlich und sollte man kurz mal nicht auf die Wegweiser in einem Örtchen achten, machen die Einheimischen sofort darauf aufmerksam. Dennoch können wir der Strecke nicht viel abgewinnen, da es wieder viel Unrat am Wegesrand gibt. Schnell erreicht man Camaiore und von einer Anhöhe kann man das Meer bereits ausmachen. Wir gehen vorbei an der Herberge von Pina und Alberto, in der wir vor drei Jahren übernachteten.
Wie der Zufall es will, als wir 2014 durch Pietrasanta liefen, war auch gerade Muttertag, das fällt uns jetzt erst auf. Das Haus der Familie Biggi, die uns damals zu sich in den Garten einluden, verfehlen wir leider irgendwie. Schade.
Um zwei sind wir in Pietrasanta, bestaunen die fantastischen Skulpturen, die überall aufgestellt sind und finden auch schnell die Unterkunft.

 



Ein Zimmer der Diözöse mit Doppelstockbetten, Bad und Waschmaschine.
Schwester Maria will nur die Pilgerausweise, mehr nicht.




 

Das Haus liegt gleich am Dom. Hier macht sich die Nähe zu Carrara mit seinen Marmorsteinbrüchen schon bemerkbar. Setzen uns auf die Stufen der großen Marmortreppe vorm Dom und beobachten das bunte Treiben.

  

Erst morgens bemerken wir, dass eine Zeichnung Francescos im Zimmer hängt. Der Franziskusweg war nicht einfach aber wunderschön und wird uns nie mehr loslassen. Er hat uns gefordert und reich belohnt.


Ja, damit beenden wir unseren diesjährigen Weg. Mille Grazie !


Tagesvideo







Tag 16, 13.05.2017, von Capanori nach Valpromaro

13.05.2017, von Capanori  nach Valpromaro, 26 km


BnB Corte Capitano, in Capanori, 60,- Euro FeWo ÜF

Wir hätten es gestern bis Lucca nicht mehr geschafft, die nicht mehr vorhandene Pilger-Willkommens-Kultur in Ponte a Cappiano hat zumindest mir etwas zugesetzt. Dann sind wir auch das viele Asphalttreten nicht mehr gewöhnt. Seit Florenz habe ich jeden Tag eine Blase mehr. Den ganzen Franziskusweg entlang gab es diese Blasenprobleme überhaupt nicht. Auch keinen Rücken bei meinem Mann. Vorhin sollte ich mir seine Schultern ansehen, die Knochen wären angeblich vom Rucksack schon verbogen.
Jedenfalls entschieden wir uns in Altopascio, vor Lucca bereits zu stationieren und fanden auf booking.com das BnB in Capanori. Da man ja seitens des Anbieters clever ist und auf der Website immer die Bemerkung `nur noch ein Zimmer verfügbar´ einblendet, klickten wir auf `buchen`.
Das war ein Fehler, wie wir später von Lara, der Haushälterin, erfuhren, da viele BnBs einen Pilgersonderpreis anbieten oder sogar nur eine Donation verlangen. Zumal die Besitzerin gerade selbst in Assisi ist.
Wir fühlen uns wohl, können Waschmaschine und Küche benutzen, was will man mehr.


Als ich nach dem blog-Schreiben den Monitor auf die Terrakotte-Fliesen fallen lasse, stehen meinem Mann fast dieTränen in den Augen, aber zum Glück ist nichts passiert, der Trekstore ist robust.
Frühstück ist selfemade und wie ziehen wieder los, vieles kommt uns bekannt vor.
Straße, noch zwei Tage lang. So ist Lucca nach 6 km schnell erreicht und wir machen Cappuccinopause. Ich besichtige noch die Kirche San Frediano, lege den Pilgerpass vor und kann, ohne Eintritt zu bezahlen, die hübschen Fresken besichtigen.



Unterdessen hat mein Mann fürs Vesper eingekauft und wir verlassen durch eines der Stadttore Lucca. Viele Pilger kommen uns entgegen, zumeist Italiener. Es geht entspannt 7 km am Flussufer des Serchios entlang, wir machen Rast auf einer der vielen Bänke und haben gegen Mittag die Ponte San Pietro erreicht.





Jetzt wird es gut warm. Die Gelateria, die mein Mann noch im Kopf hatte, gibt es leider nicht mehr und so mundraubt er eben Schoten.


Kurz vor Piazzone gibt’s zwei Demutskilometer und im Dörfchen von einer Bewohnerin frisches Wasser.
Die letzten km zehren wie immer. Als wir Valpromaro erreichen, warnt ein Schild vor Schlangen und ich werde in Zukunft nur auf Bänken rasten.


Die Herberg ist genial, die Hospitaleros grandios. Es sind noch zwei weitere Paare hier, Joke und Frans aus Holland laufen ab Marsailles nach Rom und Anne und Michelle aus Frankreich sind in Vercelli gestartet. Italo aus Italien ist 77 Jahre alt und kann täglich nur 10 km laufen. Später kommt noch die Engländerin Kathrin mit ihrem vollgepackten Bike an. Der Wirbelwind ist von Bremerhaven aus gestartet und will bis runter nach Brindisi und weiter durch Griechenland. Sie hat gerade ihren Job verloren und viel Zeit. Heute kam sie von La Spezia her geradelt. Sie hat sich bei uns ein Zimmer mit einquartiert und freut sich riesig, dass hier die Hospitaleros für die Pilger kochen.




Zum Abendessen haben Roberto und Guiseppe Nudeln mit Schinken und Salat mit gekochten Eiern gemacht.



Jetzt läuft es ähnlich ab wie in der Bar in Biforco. Zwei einheimische Familien kommen dann auch noch dazu, kriegen einen Teller Nudeln und einer der Männer nimmt die rote Gitarre aus der Ecke und es werden abwechselnd italienische und französische Lieder geschmettert. Das junge Mädchen der Familie zeigt eine Pirouette und die Mama schnappt sich einen Hospitalero und beide schwingen das Tanzbein. Guiseppe macht jetzt einige Wochen Dienst in der Herberge, stammt eigentlich von Sizilien und als er uns verrät, dass er dort Polizist ist, fallen alle in ein schallendes Gelächter, hätte man doch das Gegenteil erwartet. Als es mir etwas zu bunt wird, helfe ich in der Küche beim Abwasch, Joke kommt hinzu und hilft. Italo flüchtet ebenfalls in Kühe, ihn nimmt das wohl emotional zu sehr mit, im stehen Tränen in den Augen. Mein Mann würde ja auch gern helfen, ist aber auf der Sitzbank zwischen der Französin und Crazy Cathi, wie ich sie nenne, der Pilgerin aus Manchester, eingeklemmt.
Danach bekommen alle eine Pilgerurkunde und dürfen Feedback zur VF geben.


Anne und Joke reklamieren das viele Straßengehen, Italo sagt auch noch etwas und als man sich nach den Unterkünften erkundigt, kann ich nicht anders und gebe schließlich auch noch meinen Senf dazu, lass Dampf ab zum angeblichen „Pilger“-Ostello in Ponte a Cappiano und mir ist egal, ob das Englisch grammatikalisch richtig ist, es sprudelt nur so aus mir heraus. Helfen wird es wahrscheinlich nichts, weil die Kommunen selbst entscheiden,  aber für die Pilger, die eigentlich dort hin wollten, ist es nützlich.
Nach Wein und Gesang ist gegen 22.00 Uhr Zapfenstreich und wir drei fallen in die unteren Etagen unserer Doppelstockbetten.



 Erkenntnis des Tages:  Nach Valpromaro zieht man gern.

Tagesvideo


Freitag, 12. Mai 2017

Tag 15, 12.05.2017, von Ponte a Capiano nach Capanori


Ostello Ponte a Capiano, 20,- Euro p.P. Ü



Haben beide mehr schlecht als recht geschlafen. Früher war das bestimmt mal eine hübsche Pilgerherberge. Warum, das jetzt nicht mehr so ist, will ich jetzt nicht wissen, ich kann kein italienisch.

Jedenfalls ziehen wir gegen sieben nach Cappuccini und Dolce in der Bar los und sind schnell auf der VF.


Es kommen und die ersten Pilger entgegen. Kein Smalltalk. Den Weg kennen wir schon, und merken schnell, dass es kein Vergleich zum Franziskusweg ist. In Gedanken sind wir eigentlich nicht richtig hier. War es ein Fehler, die Wege nahtlos zu wechseln ?
Im ersten Ort gibt es Cappuccini-Pause, das Cafe hat eine Stempelstelle, die junge Besitzerin ist sehr nett, schenkt uns eine Ansichtkarte des Ortes vor 50 Jahren und ich darf mich an den Wänden im Cafe verewigen, wo bereits viele durchziehende Pilger unterschrieben haben.


Am Ortsausgang dann ein Stück ursprünglicher VF. Wir machen unseren Videodreh, sind allerdings nicht mehr in der euphorischen Stimmung wie seinerzeits als wir erstmals hier entlang zogen, denn mit der Via Cassia Antika zwischen Montefiascone und Viterbo erwartet den Pilger ein wirklicher historischer Abschnitt der alten Römerstraße. Irgendwie kommt die erwartete Stimmung nicht auf, seit Florenz ist das Pilgerfeeling verloren gegangen.



Wir laufen durch Altopascio, gönnen uns ein Eis, machen ein Schwätzchen mit einem Schweizer Pilger und sind wieder bestürzt über den vielen Müll am Straßenrand und im Wald.




Es wird gut warm und das viele Asphalttreten ermüdet. Hier gibt es nicht mehr viel Grün, keine Waldwege, dafür Infrastruktur. Man kann eben nicht alles haben. Innerlich denke ich so, eigentlich sollten wir froh sein, die VF zu Ende gebracht zu haben, nach Assisi wäre ich mit Sicherheit hier nicht mehr weiter gelaufen. Deutsche Pilger kommen uns nicht entgegen, es sind Italiener, Schweizer und Engländer. Allerdings muss ich sagen, wird man hier nach wie vor freundlich gegrüßt, die Autos halten, wenn jemand mit Rucksack die Straße überqueren will, und die läuft man heute wieder zur Genüge. Deshalb entscheiden wir uns, ein BnB in Cappanori zu nehmen, erfahren von der Besitzerin, dass auch diese gern Pilger beherbergen und oftmals mit Oferta.

Heute werden Bad und Küche vorher in Augenschein genommen, dann erst geht’s in den Alimentari. Mein Mann genießt es wieder, für uns beide zu kochen, auch wenn es meist Nudeln sind.




Es ist noch warm, wir essen auf der Terrasse, ich mach große Wäsche mit der Waschmaschine und nach dem Abendessen geht’s nochmal in die Ge
lateria. Perfekt.



Erkenntnis des Tages:  Man sollte einen Weg nicht zweimal gehen!



Tagesvideo

Tag 14, 11.05.2017, von Montelupo nach Ponte a Capione


11.05.2017, von Montelupo nach Ponte a Capiano, 27 km



Hotel I‘Fiorino, in Montelupo Capraia, 65,- Euro DZ ÜF





Nach einer geruhsamen Nacht geht’s zum Frühstück, das kleine Familienhotel bietet sogar ein Frühstücksbuffet mit Wurst, Käse und Eier.


Hotel in Montelupo

Am Nachbartisch sitzt ein junger Magdeburger Biker, der heute nach Florenz radeln will, er macht eine Toskanatour. Für uns geht es heute auf die Via Francigena. Wir ziehen westwärts und erreichen kurz hinter Montelupo den 11. Meridian Ost, wussten wir selbst nicht, was doch für geografische Überraschungen auf solch einem Weg auf den Pilger warten.




Hier in der Gegend sind viele Radler unterwegs, deshalb verwundert es uns auch nicht als wir in Limite sull Arno eine Bayrische Löwenbräu-Bierstube genau am Radweg entdecken, doch für Weißwurst und Hefeweizen ist es noch zu früh.



Dafür gibt es Gelati.



Wir folgen der Muschel auf einem Dammweg, können in der Ferne San Miniato Alto sehen und werden kurz vor Fucchecio von einem Cafe-Besitzer gefragt: „Francigena ?“ Sind also jetzt auf dem richtigen Weg. Meinem Mann hüpft das Herz als er den ersten Wegweiser sieht, meins dagegen hängt noch in den Wäldern von Assisi. Wir merken, dass es nicht gut ist, unmittelbar nach dem Franziskusweg auf die VF zu wechseln.








Es ist, als käme man aus dem Paradies in die harte Wirklichkeit. Eine ältere Frau, die vorm Hauseingang sitzt ruft mitleidig: „Caldo.“ (warm) Ich nicke, ja es ist schwül und auch alles ein bisschen schmuddelig, der Müll am Straßenrand nimmt zu, der Verkehr auch. In einem Supermarkt verschlingen wir eine halbe Melone und es geht jetzt auf den Dammweg bis Ponte a Capiano.



Und jetzt beginnt ein italienisches Pilgerdrama. Habe für uns im Ostello zwei Betten reserviert und die Rezeptionistin in Montelupo hat heute morgen extra nochmals angerufen und uns angemeldet. Wir gehen also ins Ostello. Da ist ein Höllenlärm, den die 4 Kiddis einer italienischen Familie, die jetzt offenbar hier lebt, veranstalten. Die Mutter kann sie nicht bändigen. Eine englische Pilgerin ist bereits hier. Es riecht furchtbar nach Knoblauch. Die italienische Familie hat die Gemeinschaftsküche blockiert.

Noch bevor mein Mann das aber mitkriegt, ist er ab in den Alimentari, er möchte heute Abend wieder selbst kochen. Ich lass unsere Rucksäcke im großen Aufenthaltsraum und will mir die Zimmer ansehen. Es muss einmal eine schöne große Herberge gewesen sein, mit Küche, Bädern, vielen Zimmern und einem Gemeinschaftsraum. Wir wissen ja, dass manche Kommunen bedürftige Familien manchmal in solchen Einrichtungen wohnen lassen, aber weder im E-Mail-Verkehr noch morgens am Telefon war je davon die Rede, dass die Herberge als solche gar nicht mehr existiert.

Ich finde das Bad und weiß genau, dass wir hier nicht duschen werden. Solch einen vereuphten Duschvorhang habe ich noch nie gesehen. Wir müssen hier weg. Gehe über den Marktplatz und halte Ausschau nach einem Hotelschild oder ähnlichem. Unterdessen kommt mein Göttergatte mit vollen Einkaufsbeuteln an, ist stolz mit seinen drei 0,75 l Morettiflaschen und dem Pfund Schinken.

Ich pflaume ihn voll, dass er sich bevor er loszieht doch gefälligst erstmal Küche und Bad ansehen sollte. Der Ärmste kann ja auch nichts dafür, ich hätte gründlicher recherchieren sollen. Jetzt ist guter Rat teuer. Die Rezeption ist immer noch nicht besetzt und wir rufen die Telefonnummer an, der Mann erzählt uns was vom Pferd, ich höre nur die Worte "Campanile" und  "Maria"  heraus, dann legt der Typ auf. Jetzt stehen wir wie bedäppert da, mit unserem Einkaufsbeutel voller Bierflaschen und googeln, Hotels in der Nähe. In 3 km soll es ein Hotel geben, wir werden das Bier verschenken und los ziehen, es ist noch hell, aber was bitte ist ein Stundenhotel ?

Jetzt reicht´s, ich rufe nochmal die Nummer an, gebe der italienischen Mutter das Handy, die treffe ich in einem der Pilgerzimmer an, zwei Kinder sitzen im Hochstuhl vorm Fernseher, die große Tochter auf dem Doppelstockbett und die kleinere macht im Aufenthaltsraum Hausaufgaben. Sie redet laut, der Typ am Telefon noch lauter, zwischendurch muss die Tochter im Doppelstockbett vom Italienischen ins Englische übersetzen. Aha, mit Campanile ist das Turmzimmer gemeint und Maria ist die Rezeptionistin, die soll gleich kommen. Bevor er jetzt wieder was falsch macht, schickt mich mein Mann hoch, um das Quartier in Augenschein zu nehmen. Und siehe da, hier gibt es neun Betten mit sauberen Laken, eine Toilette und ein Waschbecken.



Jetzt kommt auch Maria, wir schlappen mit ihr also wieder auf die gegenüberliegende Straßenseite, damit sie im Büro die Quittung ausstellen kann, in der Zeit, in der wir vom Ostello ins Turmzimmer, wieder herunter und ins Büro schlendern, wären wir  dreimal im Stundenhotel gewesen. Jetzt find ich es schon fast lustig. Maria kommt wieder mit zurück, gibt uns Handtücher, die ich für 20,-Euro p. P. Übernachtung verlange. Die Engländerin sitzt an einem Tisch, beobachtet stoisch das Treiben, die italienische Mama zofft sich im gleichen Raum mit ihrem Alten, der die Türen schlägt und nebenbei läuft wie in allen öffentlichen Räumen in Italien der Fernseher mit ohrenbetäubender Lautstärke.

Jetzt kommt noch ein junger Italiener mit Koffer in die Herberge, der hier offensichtlich schon bekannt ist und sich ein Donnerwetter von Maria und der italienischen Mutter anhören muss. Der nimmts gelassen und bietet sich uns als Dolmetscher an. Wir möchten zunächst einmal wissen, wie die Turmkemenate zu verschließen ist, von Innen mit einem Riegel, geht aber nur wenn beide drinnen sind, wenn wir nochmal weg gehen, muss die Tür eben offen bleiben, die Haustür steht immer auf. Ist jetzt auch egal, Brustbeutel und Kamera sind am Mann und an der schmutzigen Wäsche im Rucksack wird sich niemand vergreifen. „Die Dusche ist schmutzig“, sage ich, das weiß er, antwortet er traurig, er soll fragen, ob wir im Keller die sauberen Duschen nutzen können. Keine Ahnung, ob Maria nur so tut oder tatsächlich so verpeilt ist. Jedenfalls gibt’s für den jungen Mann wieder eine Standpauke bis er sagt: „Macht, was ihr wollt, ist scheißegal.“ Hier scheint man mit Pilgern gar nicht mehr zu rechnen.


Also bewacht mein Göttergatte unterm Dach unser Gepäck, während ich im Keller dusche und dabei immer das Gefühl habe, gleich käme jemand Psycho-like und würde mich abmurksen. Was für ein Saftladen. Wir setzen uns dann in den Aufenthaltsraum, trinken drei Flaschen Moretti und laden Salafad, so heißt der Übersetzer, der jetzt auch frisch geduscht mit sauberer weißer Unterwäsche hier herum tänzelt, dazu ein. Ich frage ihn, ob im gegenüber liegenden Haus, in welchem auch Pilgerzimmer sind, Flüchtlinge leben, woraufhin er antwortet, nein, die kämen alle nach Deutschland, dort drüben leben Bürger aus dem Dorf.

Salafad erzählt uns, dass er auch so was wie ein Pilger  sei, er ist nämlich Autohändler und mal hier mal da.

Als wir später aus der Pizzeria zurückkommen, sitzen noch weitere zwei Autohändler frisch gewaschen in Unterwäsche im Gemeinschaftraum. Wo sind wir hier nur hin geraten ?


Erkenntnis des Tages:  Autohändler sind auch nur Pilger.


Tagesvideo